Karlsruhe (dpa) - Der designierte Chef der EnBW, Hans-Peter Villis, wird seinen Posten beim Energieversorger in Karlsruhe früher als erwartet antreten. Nach Angaben des Unternehmens übernimmt der E.ON-Manager vom 1. Oktober 2007 an das Ruder bei der EnBW. Der derzeitige Chef des Energiekonzerns, Utz Claassen, war nach bisherigen Angaben davon ausgegangen, bis Ende April 2008 im Amt zu bleiben und damit seinen Vertrag voll zu erfüllen. Der vorzeitige Wechsel Claassens sei im gegenseitigen Einvernehmen mit dem EnBW- Aufsichtsrat vereinbart worden, teilte die Energie Baden-Württemberg (EnBW) mit.
Villis war Anfang Juli als neuer Chef des drittgrößten deutschen
Energiekonzerns vorgestellt worden. Bislang war davon ausgegangen worden, dass er den Konzern erst vom kommenden Mai an leiten würde. Der 1959 geborene Villis ist derzeit Finanzvorstand bei E.ON Nordic in Schweden. Claassen hatte Mitte Juni angekündigt, seinen Vertrag bei der
Energie Baden-Württemberg AG nicht zu verlängern.
Hans-Peter Villis - der Fußballer wird bei EnBW früher eingewechselt
Der designierte EnBW-Chef Hans-Peter Villis hat sich bislang vor allem bei den Fachleuten einen Namen gemacht. Der 49-jährige Energieexperte gilt als ruhig, nüchtern und sachlich. Als Favorit des Großaktionärs Electricité de France (EdF) soll er nach dem scheidenden EnBW-Chef Utz Claassen Auslandserfahrung mit ins Geschäft bringen. Denn Villis führt als Finanzchef derzeit die Kassen von
E.ON Nordic (Malmö/Schweden), der skandinavischen Tochter des größten deutschen Energiekonzerns.
Außerhalb Westfalens, wo er vor seinem Wechsel nach Schweden den Regionalversorger E.ON Westfalen Weser geführt hat, war der Finanzexperte nicht oft öffentlich in Erscheinung getreten. Nach einem Studium der Wirtschaftswissenschaft an der Ruhr-Universität in Bochum war Villis zunächst bis Ende 2002 Vorstandsmitglied beim nordrhein-westfälischen Gas- und Wasserversorger Gelsenwasser, bis 2006 führte er dann als Vorstandschef die Paderborner E.ON Westfalen Weser AG, einen der größten deutschen Regionalversorger. In dieser Funktion war er dann 2005 wegen steigender
Gaspreise mit aufgebrachten Kunden heftig aneinander geraten.
Der passionierte Fußballspieler Villis ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Familie lebt im Ruhrgebiet.
Utz Claassen - Energischer Sanierer an der EnBW-Spitze
Der 44-jährige Utz Claassen hat seinen Ruf als knallharter Sanierer in den Jahren an der Spitze der EnBW voll bestätigen können. Der ehemalige Unternehmensberater und Manager verschiedener Autofirmen strich bald nach seinem Amtsantritt im Mai 2003 bei dem Karlsruher Stromkonzern rund 2100 Jobs, verpasste den Beschäftigten im Kernbereich
Energie eine 4,5-Tage-Woche ohne Lohnausgleich und verkaufte eine Reihe von Unternehmensbeteiligungen. Nun wird er seinen Stuhl vorzeitig Ende September für seinen Nachfolger, den E.ON-Manager Hans-Peter Villis, räumen.
Der Energieboss hatte in den vergangenen Monaten viel mit der Justiz zu tun: Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen Vorteilsgewährung, weil er Ende 2005 insgesamt sieben Landespolitikern Gutscheine für kostenlose WM-Eintrittskarten angeboten hatte. In einem anderen Ermittlungsverfahren verbuchte Claassen dagegen einen Erfolg: Ermittlungen gegen ihn wegen möglicher Bilanzfälschung wurden eingestellt. Claassen war vorgeworfen worden, bei seinem Amtsantritt die Lage des Konzerns schlechter dargestellt zu haben.
Mit seiner durchgreifenden Art ist Claassen auch mit Landespolitikern aller Couleur immer wieder angeeckt. So stritt er mit dem damaligen baden-württembergischen Umweltminister Stefan Mappus (CDU) um Meldevorschriften, mit Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) eskalierte der Streit um Claassens Auslegung seiner "Null-Toleranz-Strategie" gegen Atompannen.