Hamburger stimmen gegen Privatisierung der Energienetze
Stand: 23.06.2011
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Hamburg - Hamburgs Energienetze sind womöglich schon bald wieder vollständig in öffentlicher Hand. Am Donnerstag übergaben die Initiatoren des Volksbegehrens "Unser Hamburg - Unser Netz" 114.395 Unterschriften an das Landeswahlamt. Nach Angaben eines Behördensprechers sammelten die Initiatoren und ihre Helfer sogar 114.427 Unterschriften. Dazu kämen 986 Unterschriften in den Kundenzentren sowie 784 eingereichte Unterschriften per Brief. Damit liegen 116.197 Unterschriften zur Prüfung vor, wie Landesabstimmungsleiter Willi Beiß mitteilte.
Seit dem 2. Juni hatten die Initiatoren für das Volksbegehren geworben. Das Ergebnis von mehr als 110.000 gesammelten Unterschriften gegen die Privatisierung von Energienetzen sei ein Riesenerfolg, sagte einer der Vertrauensleute, BUND-Landeschef Manfred Braasch.
Zugleich forderte er den SPD-geführten Senat auf, die bereits begonnenen Verhandlungen mit Vattenfall und E.ON Hanse zu beenden und das Gespräch mit der Initiative zu suchen. Vattenfall und E.ON müssten die Informationen über die Netze öffentlich zugänglich machen, damit der Wert der Netze bekannt sei, sagte Braasch.
"Ergebnis ist ein politischer Donnerhall"
Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) müsse sich entscheiden, ob er mit Vattenfall und E.ON "weiter kungeln", oder ob er für Hamburg eine kluge Energiepolitik betreiben wolle, sagte der Energiereferent von Robin Wood, Dirk Seifert. Auch aus Sicht der Grün-Alternativen Liste (GAL) muss der Bürgermeister seinen Kurs ändern: "Das Ergebnis ist ein politischer Donnerhall. Die Hamburger wollen die Energiewende - getragen von der Stadt und ohne die Atomkonzerne", sagte GAL-Fraktionschef Jens Kerstan. Scholz habe sich bislang geweigert, dies zur Kenntnis zu nehmen.
Nach Ansicht von Initiativen-Vertrauensmann Günter Hörmann von der Verbraucherzentrale Hamburg sind die Unterschriften ein deutliches Signal dafür, dass viele Hamburger die Rücknahme der Energienetze als wichtigen Baustein für eine umwelt- und verbraucherfreundliche Energiewende erkannt hätten. Die Hamburger wollten ferner, dass nicht mehr die großen Energiekonzerne die Herrscher über die Netze seien. Durch den Besitz in Öffentlicher Hand sei mehr Wettbewerb und Preistransparenz im Energiemarkt gewährleistet.
62.732 gültige Unterschriften sind nötig
Der SPD-Senat möchte bislang höchstens 25,1 Prozent der Netze übernehmen. Ziel des Begehrens ist die vollständige Rekommunalisierung der Hamburger Strom-, Fernwärme- und Gasleitungsnetze ab 2015. Derzeit werden die Netze von Vattenfall und E.ON betrieben. Zu den Initiatoren gehören etwa der Bund für Umwelt und Naturschutz Hamburg, die Evangelische Kirche Hamburg-Ost, die Verbraucherzentrale Hamburg und Robin Wood.
Für ein erfolgreiches Begehren sind 62.732 gültige Unterschriften nötig. Der Senat muss nun innerhalb eines Monats - also bis spätestens 22. Juli - formell feststellen, ob das Volksbegehren zustande gekommen ist.
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