Hamburger Handelskammer gegen Rückkauf der Strom- und Gasnetze
Stand: 23.08.2011
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Hamburg - Die Hamburger Handelskammer spricht sich gegen die in einem Volksbegehren geforderte Rückübertragung der Strom- und Gasverteilnetze an die Stadt aus. Dieser Schritt wäre nicht nur "wirkungslos und wettbewerbspolitisch vermutlich kontraproduktiv", sondern er koste die Stadt darüber hinaus "auch noch viel Geld, das sie nicht hat", erklärte Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz am Dienstag bei der Vorstellung eines eigenen Analysepapiers.
Ein Rückkauf kostet den Angaben zufolge bis zu zwei Milliarden Euro. Hamburger könnten bereits jetzt unter mehr als 100 Lieferangeboten auswählen. "Ein weiterer staatlicher Anbieter trägt da nicht wirklich zur Erhöhung der Vielfalt bei", sagte Schmidt-Trenz weiter.
Hamburg hat niedrigste Stromausfallzeiten
Bisherige Eingriffe der Stadt in die Energiemärkte sind den Angaben zufolge alle zulasten der Verbraucher und Steuerzahler gegangen. Die Stadt habe notwendige Ausschreibungen unterlassen und den stadteigenen Stromversorger Hamburg Energie wettbewerbswidrig bevorzugt. Die Kammer empfahl daher, dass die Stadt sich auf ihre Kernaufgaben beschränken solle.
Auch könne eine vermeintliche Verbesserung der Versorgungssicherheit nicht als Argument für den Einstieg der Stadt als Netzeigentümer herhalten. "Denn Hamburg hat in Deutschland mit knapp zwölf Minuten pro Jahr eine der niedrigsten Stromausfallzeiten überhaupt", sagte Schmidt-Trenz.
Die Handelskammer widerspricht damit den Argumenten des Volksbegehrens "Unser Hamburg - Unser Netz". Die Initiatoren fordern eine vollständige Rekommunalisierung der Hamburger Strom-, Fernwärme- und Gasleitungsnetze ab 2015.
Der SPD-Senat möchte bislang höchstens 25,1 Prozent der Netze übernehmen. Schmidt-Trenz bezeichnete die Pläne als das "deutlich kleinere Übel, wenngleich das noch zu viel" ist.
Grüne: Nur durch Umbau der Netze gelingt Energiewende
CDU- und FDP-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft begrüßten indes die Position der Handelskammer. "Olaf Scholz sollte den nicht durchdachten Plan einer 25,1-Prozent-Beteiligung sofort zurücknehmen", forderte der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Thomas-Sönke Kluth. Eine solche Beteiligung schaffe keine Einflussmöglichkeiten und koste dennoch Steuermillionen. "Eine solche Verstaatlichung wäre keine kluge Politik für unsere Stadt", sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Dietrich Wersich.
Die Grünen wiesen dagegen die Kritik der Handelskammer zurück. Entscheidend sei, dass die Politik wieder Einfluss auf die Netze gewinne, sagte Jens Kerstan, Vorsitzender der GAL-Fraktion. "Denn erst durch den Umbau der Netze kann die Energiewende in Hamburg überhaupt gelingen."