Gutachten: Bundesrat muss Atomplänen der Regierung zustimmen
Stand: 25.10.2010
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Berlin - Einem neuen Rechtsgutachten zufolge muss die schwarz-gelbe Koalition mit dem Scheitern ihrer umstrittenen Atompläne rechnen. Das Gutachten des Kasseler Juristen Alexander Roßnagel, das im Auftrag der Grünen-Fraktion erstellt wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass der Bundesrat einer Laufzeitverlängerung um durchschnittlich zwölf Jahre zustimmen muss. Denn dies sei ein entscheidender Eingriff in die Kompetenzen der Länder, heißt es unter Berufung auf Artikel 87c des Grundgesetzes.
Das Bundesverfassungsgericht könnte daher das Gesetz für nichtig erklären, heißt es in dem am Montag in Berlin vorgestellten Gutachten. Am Donnerstag will der Bundestag das Laufzeitplus beschließen. Da Union und FDP aber im Bundesrat keine Mehrheit haben, soll das neue Atomgesetz ohne die Zustimmung der Länderkammer auf den Weg gebracht werden. Auch der frühere Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier hält die Atomentscheidung unter Berufung auf Artikel 87c des Grundgesetzes für zustimmungsbedürftig.
Das neue Gutachten ist das erste, dass nach der Entscheidung für längere Atomlaufzeiten erstellt wurde und somit die konkrete Ausgestaltung des neuen Atomgesetzes berücksichtigen konnte. Der rot-grüne Atomausstieg habe der Bundesauftragsverwaltung für den Bereich der Aufsicht über die Atomkraftwerke und damit der Systemverschiebung im Verhältnis Bund-Länder eine zeitliche Grenze gesetzt, heißt es.
Mit der Abschaltung der Atomkraftwerke seien die Länder nicht mehr für die Überwachung, sondern nur noch für die Stilllegung zuständig. Die Auftragsverwaltung sei damit faktisch zeitlich begrenzt worden. Durch die Verlängerung der Laufzeiten werde die Befristung aber aufgehoben. Die Länder müssten dementsprechend die Aufsicht über die Atomkraftwerke länger in Bundesauftragsverwaltung ausüben, deshalb müsse der Bundesrat zustimmen, urteilte Roßnagel.
Die Mehrzahl der bisher bekannten Gutachten geht davon aus, dass der Bundesrat längeren Laufzeiten zustimmen muss. Andere Gutachter, wie der Rechtswissenschaftler Rupert Scholz, meinen hingegen, das Laufzeitplus sei keine qualitative Änderung der Länderaufgaben, sondern nur eine quantitative. Deshalb müsse der Bundesrat nicht zustimmen. Auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) betont, "eine vorsichtige quantitative Veränderung stelle noch keine wesentliche Beeinträchtigung der Länderrechte dar".