Großkonzerne fordern Regierung bei Emissionshandel zum Handeln auf
Stand: 07.02.2013
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Berlin - Angesichts des Preisverfalls im europäischen Handel mit CO2-Emissionszertifikaten haben sechs große Unternehmen und die Organisation Germanwatch die Bundesregierung zum Handeln aufgefordert. Erfolge beim Klimaschutz setzten zwingend Investitionssicherheit voraus, daher müssten in einem ersten Reparaturschritt dringend überschüssige Emissionsrechte vom Markt genommen werden, teilten die Konzerne Alstom, Shell, EnBW, Eon, Otto und Puma sowie Germanwatch am Donnerstag gemeinsam mit. Das könne aber nur der Anfang einer Reform sein, die ein funktionierendes Handelssystem schaffe.
"Für die anstehenden Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien sind die niedrigen CO2-Preise Gift", erklärte Christoph Bals von Germanwatch. Scharf kritisierte er die schwarz-gelbe Bundesregierung. Sie hat bisher noch nicht über die von der EU-Kommission im November vorgelegten Vorschläge zur Erhöhung der CO2-Preise entschieden. Auch die Kommission drängt energisch zur Eile. Bals betonte: "Ganz Europa wartet hier auf Deutschland."
Zu den Unterzeichnern des Appells gehören mit Eon und EnBW zwei führende deutsche Energieversorger, Shell ist ein Mineralölkonzern. Alstom baut vor allem Kraftwerke, Otto ist ein Versandhändler, Puma produziert Sportartikel. Germanwatch engagiert sich in Klima-, Welternährungs- und Entwicklungsfragen.
Der EU-Emissionshandel gilt als zentraler Pfeiler eines klimafreundlichen Umbaus des gesamten Energie- und Wirtschaftssytems. Kraftwerke, aber auch andere große CO2-Produzenten wie Raffinerien sowie Fluggesellschaften brauchen Zertifikate, die sie zum Ausstoß des Treibhausgases berechtigen. Diese werden zugeteilt, zunehmend auch versteigert. Braucht eine Firma mehr, muss sie Rechte zukaufen - etwa von denen, die aufgrund neuerer Technologie Zertifikate übrig haben. So wird der CO2-Ausstoß zur betriebswirtschaftlichen Kalkulationsgröße in und zwischen Konzernen, was klimaschutzfördernde Innovationen anstoßen soll.
Gegenwärtig hat das Handelssystem durch einen drastischen Preisverfall die erwünschte Lenkungswirkung allerdings eingebüßt. Die Emissionsrechte sind so billig, dass Unternehmen sie kaum in ihre Berechnungen einbeziehen müssen.
"Vom Emissionshandel gehen gegenwärtig so gut wie keine Investitionsimpulse aus", heißt es in dem Appell der sechs Firmen und von Germanwatch. Zunächst müsse die Bundesregierung jetzt dem Vorschlag der EU-Kommission zustimmen und die Versteigerung von weiteren 900 Millionen CO2-Zertifikaten um mehrere Jahre verschieben, um das Angebot zu verknappen und die Preise dadurch hochzutreiben. Dann müssten in einer grundlegenden Reform generelle Schwächen beseitig werden.
In einer von Germanwatch in Auftrag gegebenen Umfrage sprachen sich derweil 73 Prozent der Deutschen dafür aus, dass die EU ihre mittelfristigen Klimaziele verschärft und den CO2-Ausstoß bis 2020 um 30 Prozent statt 20 Prozent senkt.