Greenpeace: Privatkunden zahlen Stromkosten für Industrie
Stand: 14.06.2012
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Berlin - Besonders energieintensive Unternehmen treiben den Strompreis für kleinere Verbraucher in die Höhe. Grund sind Preisnachlässe für die großen Stromfresser. So entsteht eine Summe von 9 Milliarden Euro pro Jahr, die auf kleinere Stromkunden abgewälzt wird.
Eine Studie im Auftrag der Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisiert die Ausnahmen für energieintensive Unternehmen als Strompreistreiber für die übrigen Verbraucher. "Die Preisnachlässe für die Industrie führen zu einer Mehrbelastung der übrigen Verbrauchergruppen, da ein Großteil der Stromkosten auf weniger Abnehmer verteilt wird", heißt es in der Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Die Privilegien hätten aktuell einen Umfang von rund 9 Milliarden Euro pro Jahr. Insgesamt führten die Regelungen dazu, dass Unternehmen von den Ausnahmen profitieren, die auch ohne diese Maßnahmen keine Wettbewerbsnachteile zu befürchten hätten.
Die daraus resultierenden Mehrbelastungen für andere Verbraucher träfen nicht nur Haushalte, Gewerbe, Handel und den Bereich der Dienstleistungen. Rund ein Drittel der Vergünstigungen bei der Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien und Netzentgelten sei von der übrigen Industriebranche zu tragen. Der Energiekostenanteil in Verbindung mit der Handelsintensität könnten eine erste gute Orientierung liefern, welche Branchen tatsächlich einer Begünstigung bedürfen, betonen die Studienautoren.
Vergünstigungen müssen eingeschränkt werden
Die Leistungsbilanz des Außenhandels verdeutliche, dass Deutschland mit seinen Produkten nach wie vor wettbewerbsfähig sei, wird bilanziert. Sogar energieintensivere Branchen wie Papier und Elektrostahl könnten leichte Erhöhungen der Energiekosten durch den Abbau von Vergünstigungen gut verkraften, ohne nennenswerte Absatzeinbußen zu erleiden. Daher wäre eine deutliche Einschränkung der Begünstigung auf einige wenige wichtige Wirtschaftssäulen, und dabei auch angepasst auf den tatsächlichen Bedarf, ein gangbarer Weg.
Den Bürgern, aber auch vielen Wirtschaftsbereichen droht in den kommenden Monaten eine satte Strompreissteigerung, weil - auch wegen der Ausnahmen für große Energieverbraucher - die Kosten zur Förderung erneuerbarer Energien und zur Nutzung der Stromnetze steigen könnten. Diese Posten sind Bestandteil des Strompreises in Deutschland. Ein Dreipersonenhaushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden Strom im Jahr zahlt derzeit nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) 75 Euro im Monat. Das sind sechs Euro mehr als noch 2010. Steuern, Umlagen und Abgaben machen bereits rund 45 Prozent des Strompreises aus.
Kretschmann fordert Beteiligung
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) fordert eine Beteiligung der besonders stromintensiven Unternehmen an den Umlagen zur Förderung erneuerbarer Energien. Derzeit seien etwa 700 Unternehmen von diesen Umlagen vollständig befreit. "Ich finde, auch stromintensive Unternehmen müssen wir daran beteiligen, natürlich so, dass sie konkurrenzfähig bleiben", sagte Kretschmann im ZDF-"Morgenmagazin" am Donnerstag. Er halte es für übertrieben, wenn alle anderen diese Kosten für die Unternehmen mittragen müssten.
Kretschmann betonte auch, dass die Stromkosten für die Verbraucher nur "moderat" steigen würden - das hätten sie schon immer getan. "Da wird gar nichts explodieren", sagte er. Am Donnerstag kommen die Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen, um über die Energiewende zu diskutieren. Kretschmann hält es für "dringend erforderlich" die Kompetenzen zur geplanten Energiewende auf Bundesebene zu bündeln.