Greenpeace: Gesetz für Endlagersuche ist verfassungswidrig
Stand: 20.04.2012
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Hamburg/Gorleben - Das Thema Endlagersuche ist und bleibt nicht abschließend geklärt. Das neue Gesetz ist nach Ansicht der Umweltschutzorganisation Greenpeace verfassungswidrig. Wesentliche Planungsentscheidungen dürften wegen dem Prinzip der Gewaltenteilung nicht in Bundesgesetzen festgelegt werden.
Nach Ansicht der Umweltschutzorganisation schließt der Gesetzentwurf die Klagemöglichkeiten von Anwohnern der möglichen Endlagerstandorte nahezu aus. Den betroffenen Eigentümern bleibe als einzige Möglichkeit der Gang zum Bundesverfassungsgericht, um diese Entscheidungen rechtlich überprüfen zu lassen. Greenpeace beruft sich bei der Bewertung auf ein neues Rechtsgutachten.
"Indem per Gesetz ein Standort fixiert wird, schrumpfen die Rechtsschutzmöglichkeiten für den Bürger auf ein verfassungsrechtlich fragwürdiges Niveau", sagte der Atomrechtspezialist und Verfasser des Gutachtens, Ulrich Wollenteit. Dabei gebe es keinerlei Notwendigkeit für ein solches Vorgehen. Einfache Beschlüsse des Bundestages und des Bundesrates hätten die gleiche Legitimation, erhielten aber den Rechtsschutz der Bürger.
Greenpeace wirft Röttgen "Entrechtung der Bürger" vor
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und die Ministerpräsidenten der an dem Gesetzesentwurf beteiligten Länder Baden-Württemberg und Niedersachsen "singen in holder Eintracht das Lied der Bürgerbeteiligung", kritisierte der Greenpeace-Atomexperte Tobias Riedl. In Wahrheit planten sie jedoch die "Entrechtung der Bürger" bei der Endlagersuche.
Nach Ansicht Riedls ermöglicht das Endlagersuchgesetz auch die Durchsetzung des Standortes Gorleben. Bund und Länder wollten mit dem Gesetz die erheblichen Verfahrensmängel bei der Auswahl Gorlebens "umschiffen". Ein Planfeststellungsverfahren sollegar nicht mehr stattfinden und möglichen Klägern die rechtliche Grundlage entzogen werden. "Der angebliche Neustart in der Endlagersuche scheint eher ein Gorleben-Durchdrück-Gesetz zu werden", sagte Riedl.
Trittin rechnet nicht mit schneller Entscheidung
Im November vergangenen Jahres hatten sich Bund und Länder auf einen Neustart bei der Endlagersuche verständigt. Umstritten sind bislang vor allem die künftige Rolle Gorlebens und eine mögliche Neuordnung der zuständigen Behörden. Röttgen hat für den 24. April ein Spitzentreffen anberaumt, um die Stolpersteine aus dem Weg zu räumen.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin äußerte sich skeptisch, dass es bereits am Dienstag eine Lösung geben werde. Man werde sicher noch bis zur Sommerpause brauchen, um gemeinsame Grundlagen für ein Endlagersuchgesetz zu erarbeiten, sagte er der "Berliner Zeitung" (Freitagausgabe). Er forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, sich persönlich in die Endlager-Gespräche einzuschalten. Sie müsse an einer weiteren Spitzenrunde teilnehmen.
Atomkraftgegner warnten unterdessen vor einem "überhasteten Parteienkonsens". Die fachliche Kompetenz von Umweltverbänden und Anti-Atom-Verbänden spiele bei der Endlagersuche offenbar gar keine Rolle, bemängelte die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Sie kündigte für den 28. April eine große Demonstration in Gorleben an.