Hamburg (dpa) - Sie werden über dem Wasser höher aufragen als der Kölner Dom und weithin sichtbare Zeugnisse eines derzeit weltweit einzigartigen Projekts sein: Schon im kommenden Jahr sollen die ersten von insgesamt zwölf Windenergieanlagen des Windparks "alpha ventus" 45 Kilometer vor der Küste Borkums in der Nordsee stehen, 148 Meter hoch, mit Gondeln von der Größe eines Einfamilienhauses und Rotorblättern, die mit 57 Metern doppelt so lang sind wie ein Blauwal. Auf der Messe "HUSUMwind" am 18. September wird das spektakuläre Projekt Politikern, Experten und der Öffentlichkeit vorgestellt.
Für den Betrieb des Windparks haben sich drei Energieriesen zusammengetan: die Stromkonzerne
E.ON Energie, EWE und Vattenfall Europe. Das vom Bundesumweltministerium geförderte 180-Millionen- Euro-Projekt soll schon im nächsten Jahr den ersten Strom ins Netz speisen, sagt Hendrik Bergmann, Projektmanager Offshore Wind Park bei
Vattenfall Europe und Gesamtprojektleiter für dieses Vorhaben. Bis zum Sommer 2009 sollen alle zwölf Anlagen stehen. Der Park kann dann den Strombedarf für 50 000 Haushalte decken.
60 Kilometer vom Festland entfernt werden die
Windräder in rund 30 Meter tiefem Wasser verankert, zudem kommen Generatoren mit fünf Megawatt Nennleistung zum Einsatz - die größten derzeit verfügbaren. "Diese Kombination ist weltweit einmalig", betont Bergmann. Zwar gibt es schon viele Offshore-Windparks, vor allem in Dänemark, Irland, Großbritannien und Schweden, die meisten stehen aber nah an der Küste oder in flachem Wasser.
Naturschützer begrüßen zwar die umweltfreundliche Energieerzeugung, sie fürchten aber, dass die Riesenräder der Tierwelt schaden könnten. Die Giganten stünden möglicherweise den Vogelzügen im Weg, mit dem Lärm der Propeller würden Schweinswale verscheucht und die Verteilung der Fischarten könne sich ändern, erklären Organisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Umweltstiftung WWF (World Wide Fund for Nature).
Bevor sich die gigantischen Windmühlen über der Nordsee drehen, müssen sie erst einmal aufgebaut werden. Und das sei alles andere als trivial, erklärt die Umweltwissenschaftlerin Irina Lucke von der Abteilung für
Energie und Umwelttechnik bei EWE. Zudem muss ein 60 Zentimeter dickes Seekabel bis zum Windpark gelegt und im Meeresgrund metertief vergraben werden.
Basis der Riesenräder bilden gewaltige stählerne Tripods, knapp 50 Meter hohe Dreibeine. Die 700 Tonnen schweren Kolosse mit ihren 30 Metern Standflächendurchmesser erinnern an eine Abschussanlage für Weltraumraketen. "Die Tripods sind höher als so manches Haus", sagt Johannes Dimas, Projektleiter Windkraft bei Vattenfall Europe.
Nach ihrer Ankunft werden die Dreibeine mit 30 Meter langen Stahlpfählen am Boden "festgenagelt". Die Spezialschiffe zu mieten und möglicherweise wochenlang "in Lauerstellung" verharren zu lassen, ist eines der Dinge, die Offshore-Anlagen im Vergleich zu Windparks an Land so teuer machen. "Die Tagesmiete für so ein Schiff liegt bei etwa 50 000 Euro", erklärt Lucke. Steht der Sockel, setzt ein Schwimmkran die Turmröhre in Segmenten und schließlich die Gondel darauf. Tripod, Turm und Gondel zusammen wiegen rund 1000 Tonnen.
Mindestens zwei Jahrzehnte lang sollen die zwölf Anlagen ihren Dienst tun - so der Plan. "Ob sie den harten Einsatz so lange aushalten werden, weiß man nicht", gibt Bergmann zu. Immerhin müssen die Mühlen durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von zehn Metern pro Sekunde im Dauerbetrieb aushalten. Mit bis zu 324 Kilometern pro Stunde schneiden die Spitzen der Rotorblätter durch die Luft.