Geothermie - brodelnde Erde birgt fast unerschöpflichen Energievorrat
Stand: 04.05.2004
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Hamburg (dpa) - Im Grunde genommen hat die Menschheit kein Energieproblem. Wir sitzen quasi auf einem schier unerschöpflichen Energievorrat, gespeichert in heissem Wasser oder Gestein. Denn direkt unter unseren Füssen kocht die Erde: Mehr als 99 Prozent des Erdballs sind heisser als 1000 Grad Celsius, nur die äusserste Erdschicht kühlt auf weniger als 100 Grad ab. Allerdings ist es nicht ganz einfach, diese unterirdische Energiequelle zu nutzen.
Nun ist Deutschland nicht gerade für seine heissen Quellen berühmt. Aber Erdwärme gibt es dennoch im Überfluss. "Allein das Strom- Potenzial unter der Fläche Deutschlands übersteigt den Bedarf um das 600Fache", sagt Werner Bussmann von der Geothermischen Vereinigung im niedersächsischen Geeste unter Berufung auf eine Untersuchung des Bundestagsbüros für Technikfolgenabschätzung. Ganz so einfach wie in Island sei es in Deutschland vielleicht nicht, die Energiequelle anzuzapfen. Letztlich müsse man aber nur tief genug bohren.
Für die Wärmegewinnung wird Geothermie auch hier zu Lande inzwischen recht umfangreich genutzt. Bislang ist in grösseren und kleineren Anlagen eine Wärmeleistung von etwa 700 Megawatt installiert, sagt Bussmann. Um mit "oberflächennaher Geothermie" Privathäuser, Schulen und öffentliche zu heizen, werden in bis zu 400 Metern Tiefe Wärmepumpen installiert. Diese funktionieren umgekehrt wie ein Kühlschrank: Die Pumpen entnehmen die Wärme aus dem Erdreich, das dabei abkühlt, und heizen damit das Innere des Gebäudes.
Ein anderer Weg ist die "hydrothermale Geothermie" - dabei werden unterirdische Heisswasservorkommen angezapft. Ausreichend grosse und zugängliche Quellen gibt es in der Norddeutschen Tiefebene, dem Molassebecken zwischen Donau und Alpen, der Schwäbischen Alb und dem Oberrheintal. Wie eine Untersuchung des GeoForschungsZentrums Potsdam ergab, könnten 29 Prozent des Wärmebedarfs mittels der hydrothermalen Geothermie gedeckt werden, die oberflächennahe Geothermie könnte noch einmal 28 Prozent des Bedarfs sichern.
Im mecklenburgischen Neustadt-Glewe wird aus dem heissen Wasser seit kurzem auch Strom erzeugt. Ende vergangenen Jahres ist dort das erste geothermische Kraftwerk Deutschlands ans Netz gegangen. 97 Grad heisses Wasser wird aus etwa zwei Kilometern Tiefe an die Oberfläche transportiert. Das Wasser treibt dann eine Turbine an. Rund 500 Haushalte werden so mit Strom versorgt.
Zudem haben Forscher in den vergangenen Jahren das so genannte "Hot Dry Rock"-Verfahren entwickelt, bei dem die Energie heissen, trockenen Gesteins zur Stromerzeugung genutzt wird. Um die Wärme aus der Tiefe nach oben zu bekommen, wird Wasser eingeleitet. Wie bei einem unterirdischen Durchlauferhitzer wird es am heissen Gestein erwärmt und nach oben zurück befördert. In Bad Urach (Baden- Württemberg) auf der Schwäbischen Alb soll das bundesweit erste Kraftwerk dieser Art entstehen.
Aus ökologischer Sicht ist nicht nur die Umweltfreundlichkeit der Geothermie bedeutend. Im Gegensatz zu anderen erneuerbaren Energiequellen wie Windkraft oder Sonnenenergie steht die geothermische Energie permanent zur Verfügung unabhängig von Wetter und Tageszeit. "Damit bestehe die Möglichkeit, die Grundlastversorgung mit Strom bereitzustellen und darüber hinaus Sonnen- und Windenergie zu ergänzen", sagt Claudia Kunz vom Referat Klimaschutz und Energiepolitik bei der Umweltstiftung WWF.
Derzeit stecke das Verfahren allerdings noch in den Kinderschuhen, nennenswerte Einsparung an Kohlendioxid brächte es noch nicht, sagt Regine Günther, Leiterin des WWF-Referats Klimaschut