Gebäudesanierung: Fördermittel fehlen
Stand: 30.01.2012
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Berlin - Die Energiewende kommt nicht so richtig in Fahrt. Daran sind nicht nur Streitigkeiten bezüglich der Förderung erneuerbarer Energien Schuld - auch das Thema Gebäudesanierung droht mangels ausreichender Fördergelder komplett ins Stocken zu geraten.
Das hat der Bundesregierung gerade noch gefehlt. Die Energiewende kommt in vielen Bereichen nicht so recht in Fahrt, der Streit um die milliardenschwere Solarförderung belastet das Klima zwischen Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Umweltminister Norbert Röttgen (CDU). Und nun stehen auch noch beim Schlüsselprojekt Gebäudesanierung die Signale auf Rot. Unerwartete Einnahmelöcher lassen die Fördermittel - etwa zinsgünstige Kredite der staatlichen KfW-Bank - von 1,5 Milliarden Euro auf 900 Millionen Euro schmelzen.
"Die Energiewende implodiert"
"Es darf keine Verunsicherung für die Häuslebauer geben", fordert der baupolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Sebastian Körber. Bis zum 31. März muss das Finanzministerium dem Haushaltsausschuss nun darlegen, wie die Lücke gefüllt werden könnte. "Die Energiewende implodiert noch bevor sie überhaupt begonnen hat, wenn es nicht gelingt, die verbindlich zugesagten Mittel auf andere Weise zu sichern", mahnt Axel Gedaschko, Chef des Immobilienverbandes BSI.
Hinter den Kulissen kämpft dem Vernehmen nach Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) bis hinauf ins Kanzleramt darum, dass es doch noch für 2012 die zugesagten 1,5 Milliarden Euro gibt. Denn statt der veranschlagten Verdopplung der Gebäudesanierungen auf zwei Prozent jährlich waren es schon 2011 nach Angaben des Chefs der Deutschen Energie-Agentur (Dena), Stephan Kohler, nur 0,8 bis 0,9 Prozent.
Im Geldtopf klafft ein Loch
Im zentralen Geldtopf für Projekte der Energiewende klafft ein Loch, das sich 2012 auf mehrere hundert Millionen Euro beläuft und bis 2015 auf bis zu fünf Milliarden Euro summieren kann. Der Energie- und Klimafonds speist sich vor allem aus den Einnahmen des Emissionshandels mit CO2-Verschmutzungsrechten.
Zum Beispiel Kohlekraftwerke müssen Zertifikate kaufen, um Kohlendioxid (CO2) ausstoßen zu dürfen. Seit Januar müssen auch Fluggesellschaften dafür zahlen. Um die Klimasünder zunächst nicht zu stark zu belasten, wurde auch ein bestimmter Teil an Gratis-Zertifikaten verteilt. Da der Preis pro Tonne CO2 auch deshalb nicht wie von der Regierung kalkuliert 17 Euro beträgt, sondern unter 10 Euro liegt, fehlt praktisch die Hälfte des eingeplanten Geldes.
Neue Küche und neues Bad
Als Maßnahme gegen den Preisverfall wird daher gefordert, dass die 27 EU-Staaten ihr Klimaziel von 20 Prozent weniger CO2-Ausstoß bis 2020 auf 30 Prozent hochsetzen und die Gratis-Zertifikate massiv verknappen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will jedenfalls nur mehr Geld geben, wenn der CO2-Preis wieder steigt.
Die Bürger sind ob der Unsicherheit sehr zurückhaltend, hat Kohler beobachtet. "Sie kaufen eher neue Küchen oder lassen das Bad renovieren." Hinzu kommt die Hängepartie um den zusätzlich zur KfW-Förderung geplanten Steuerbonus. Wenn ein Hausbesitzer sein 1970 gebautes Heim für 70 000 Euro mit einer besseren Dämmung der Wände und des Daches versieht, neue Fenster mit Dreifachverglasung einsetzt und eine solargestützte Heizungs- und Warmwasseranlage installiert, könnte er sich bis zu 21 000 Euro vom Finanzamt zurückholen. Bis zu 70 Prozent des Energieverbrauchs lässt sich durch solche Maßnahmen einsparen. Es ist mit Blick auf die Effekte eine Win-Win-Situation.
Falsche Verteilung der Mittel
Doch die Steuerausfälle von bis zu 1,5 Milliarden Euro soll der Bund nach Meinung vieler Länder allein tragen, weshalb das Gesetz vom Bundesrat zunächst gestoppt worden war. Hier könnte es nun aber auf Vermittlung etwa des grün-rot regierten Baden-Württemberg doch noch eine Einigung geben. Denn durch mehr Arbeit für Handwerk, Heizungsbauer und Dämmindustrie würde jeder Euro Mindereinnahmen laut Dena durch 1,17 Euro an Steuermehreinnahmen mehr als ausgeglichen.
Die Regierung will bis 2020 den Energieverbrauch um 20 Prozent reduzieren, um das Klima zu schonen und um den Atomausstieg besser zu schaffen. Kohler fordert daher bei beiden Baustellen eine Einigung. "Wir holen Milliarden für die Subventionierung regenerativer Energien bei den Leuten über den Strompreis ab", betont der Dena-Chef. "Aber beim wichtigen Thema Gebäudesanierung, die von den Kosten und der CO2-Einsparung her viel effizienter ist, da hat man plötzlich kein Geld mehr." Bei der Solarförderung würden zudem mehrere Milliarden Euro in Chinas Solarindustrie fließen. "Bei der Gebäudesanierung hingegen bleibt 90 Prozent der Wertschöpfung im Land", betont Kohler.