Gebäudebereich wird bei Energiewende vernachlässigt
Stand: 15.02.2016
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Berlin - Experten weisen darauf hin, dass moderne Klima- und Lüftungsanlagen einen entscheidenden Beitrag zur Reduzierung von Treibhausgasen leisten könnten. "Viele ältere Anlagen sind wahrliche Energieschleudern", sagte der Geschäftsführer des Fachverbands Gebäude-Klima (FGK), Günther Mertz, der Deutschen Presse-Agentur. "Es ist unverständlich, dass dieses riesige Einsparpotenzial weitgehend ungenutzt bleibt." Der Gebäudebereich werde bei der Energiewende nach wie vor sträflich vernachlässigt.
Durch Wärmerückgewinnungs-Systeme, bei denen Wärmeenergie der Abluft zum Vorwärmen der Zuluft genutzt wird, seien 2014 allein im Nicht-Wohnbereich sechs Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) eingespart worden. Über Solar- und Geothermie-Anlagen sowie Wärmepumpen sei 2013 im gesamten Gebäudebereich nur wenig mehr regenerative Wärme bereitgestellt worden als über Wärmerückgewinnung allein in Nicht-Wohngebäuden: "Doch die Politik ignoriert das."
Aktuelle Ziele mit geplanten Maßnahmen kaum zu schaffen
Die Bundesregierung will den CO2-Ausstoß national bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 senken. Bis zum Jahr 2050 soll eine Reduktion der Emissionen um 80 bis 95 Prozent erreicht werden. Der Anteil erneuerbarer Energien am Wärme- und Kälteverbrauch soll bis 2020 auf 14 Prozent angehoben werden. Wissenschaftler bezweifeln, dass mit den bisher auf den Weg gebrachten Maßnahmen die CO2-Reduktionen bis 2020 insgesamt zu schaffen sind. Vor allem bei der energetischen Gebäudesanierung hinke man hinterher.
Mertz fordert keine Steueranreize oder Milliarden-Förderprogramme, um verstärkt effiziente Klima- und Lüftungsanlagen zu installieren. Die Kosten für Optimierungen hätten sich schon nach zwei bis fünf Jahren amortisiert, Bauen werde nicht teurer, sagte Mertz. "Angesichts wirtschaftlicher Investitionen sind keine Subventionen nötig, aber politische Unterstützung." Über neue Lüftungsanlagen und Wärmerückgewinnung ließen sich in Hotels und in Schulen 30 Prozent Energie einsparen, die Kosten lägen bei 40 Euro je Quadratmeter.
Staat soll eigene Gebäude prüfen
Viel würde bereits erreicht, wenn Bund und Länder Klimaanlagen in öffentlichen und in Regierungsgebäuden inspizieren, wie es die Energie-Einsparverordnung vorschreibe. "Aber an der Umsetzung, die Sache der Länder ist, hapert es", kritisiert der Verbands-Chef. Bund und Länder hätten überhaupt keinen Überblick. Gerade rund drei Prozent der Klimaanlagen seien energetisch geprüft worden.
In 44 inspektionspflichtigen Regierungsgebäuden in Berlin etwa sei noch keine einzige Klimaanlage unter die Lupe genommen worden. "Das bedeutet eigentlich in 44 Fällen ein Ordnungsgeld von bis zu 50 000 Euro", so Mertz. Pro Jahr würden bundesweit lediglich 1 200 Anlagen gecheckt: "Mit diesem Tempo würde es über 250 Jahre dauern, bis alle inspektionspflichtigen Anlagen geprüft sind."
Riesige Einsparmöglichkeiten
Würden Klimaanlagen entsprechend der Vorgaben geprüft und empfohlene Sanierungen umgesetzt, könnten der Strom- und Wärmeverbrauch gesenkt und so umgerechnet fast 13 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, rechnet Mertz vor. Er verwies darauf, dass nach einer EU-Vorgabe seit Anfang 2016 neue Klima- und Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung ausgestattet werden müssten. In Deutschland sei die Hälfte aller Anlagen bereits vor 1989 installiert worden.