Gabriel will sieben alte Atomkraftwerke gleich abschalten
Stand: 02.09.2007
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Berlin (dpa) - Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) ist mit seinem Vorstoß, die sieben ältesten Atomkraftwerke in Deutschland umgehend abzuschalten, bei den Betreibern und dem Koalitionspartner CDU auf Widerstand gestoßen. Ein Sprecher der EnBW Energie Baden- Württemberg sagte, er sehe für die Abschaltung keine Grundlage: "Unsere Kraftwerke sind sicher." Gabriel hatte der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag) gesagt, eine frühere Abschaltung der Meiler bringe "einen hohen sicherheitstechnischen Gewinn". Die Energieversorger wollen nach wie vor das genaue Gegenteil und Strommengen von neuen auf ältere Meiler übertragen.
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte auf der Feier zum 60. Geburtstag der Jungen Union in Berlin, es könne zu keiner Laufzeitverkürzung der Atommeiler kommen. "Der rechtliche Rahmen lässt dies nicht zu." Kernenergie sei in Deutschland "unersetzlich". Die Union plädiert generell für längere Laufzeiten der Kraftwerke.
Bei Kernkraftwerken könne die Sicherheit nicht vom Baujahr abhängig gemacht werden, sagte ein Sprecher des Biblis-Betreibers RWE. Der EnBW-Sprecher sagte, Gabriel selbst habe in den vergangenen Wochen das Sicherheitsmanagement des Unternehmens öffentlich gelobt. Die Sprecherin vom Energiekonzern Vattenfall Europe, der die Reaktoren in Krümmel und Brunsbüttel betreibt, wollte sich nicht äußern.
Gabriel sagte der "SZ", sein Vorstoß würde den vereinbarten Atomausstieg erheblich beschleunigen. Bis zur Bundestagswahl 2009 wären dann nur noch 10 der momentan 17 deutschen Atomkraftwerke am Netz. Das Atomgesetz erlaubt eine solche Umschichtung von Laufzeiten, die aber die Betreiber vornehmen müssten. Diese wollen aber den umgekehrten Weg gehen und ältere Kraftwerke länger im Betrieb lassen, indem Restlaufzeiten von neueren Meilern auf sie umgeschichtet werden.
Grünen-Chef Reinhard Bütikofer erklärte in Berlin, "der Vorstoß von Minister Gabriel trifft genau den Punkt". Er äußerte aber Zweifel an der Durchsetzung des Planes. Die Frage sei, welchen Druck Gabriel auf die Betreiber ausüben wolle, wenn diese sich "aus rücksichtslosem Gewinnstreben verweigern". Auch der Atomexperte der Umweltschutzorganisation Greenpeace, Heinz Smital, begrüßte die Pläne des Bundesumweltministers: "Die Abschaltung der ältesten und störanfälligsten Atomkraftwerke wäre ein Signal für die Modernisierung der Energieversorgung in Deutschland."
Atomausstieg und Restlaufzeiten
Wie lange ein Atomkraftwerk noch Strom produzieren darf, hängt von seiner Reststrommenge ab. Diese wurde im Atomkonsens für einen Ausstieg aus der Kernkraft nach einem komplizierten Schlüssel bei einer angenommenen Regellaufzeit eines Meilers von 32 Jahren errechnet. Dabei werden die fünf Jahre mit der höchsten Produktion seit 1990 zugrunde gelegt, zuzüglich eines Zuschlages wegen technischer Optimierungen. Über die Abschaltung einzelner Atomkraftwerke wird teilweise im Rahmen von Anträgen für Übertragungen von so genannten Reststrommengen von einem neueren Werk auf ein älteres neu entschieden.
Die damalige rot-grüne Bundesregierung und die Stromindustrie hatten sich im Juni 2000 auf einen Ausstieg aus der Atomenergie geeinigt. Demnach sollen alle Meiler schrittweise bis 2021 abgeschaltet werden. Der Ausstieg ist seit 2002 im Atomgesetz festgeschrieben. Dieses schließt den Bau neuer Reaktoren aus. Die große Koalition hatte 2005 vereinbart, dass sie am Atomausstieg nicht rütteln will. Derzeit sind in Deutschland noch 17 Atomkraftwerke am Netz. Als letzte sollen 2020 Isar 2 bei