Fukushima: Japan erwägt weitere Evakuierungen
Stand: 15.06.2011
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Tokio - Die japanische Regierung denkt darüber nach, die Evakuierungsgebiete rund um die Atomruine Fukushima erneut auszuweiten. "Wir werden in naher Zukunft zu einer Entscheidung kommen", so ein Regierungssprecher am Mittwoch laut der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo. Aufgrund der langfristigen Strahlenbelastung waren bereits zuvor Einwohner einiger Gemeinden außerhalb der 20-Kilometer-Sperrzone um das Atomkraftwerk Fukushima dazu aufgefordert worden, ihre Häuser zu verlassen.
Bekannte Autoren wie Literatur-Nobelpreisträger Kenzaburo Oe oder Musiker wie Ryuichi Sakamoto wollen laut Kyodo für Sonntag 50.000 Menschen in Tokio zu einer Anti-Atom-Demonstration mobilisieren. An diesem Tag liegt der Beginn der Katastrophe genau 100 Tage zurück.
Unterdessen besuchte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin zum Auftakt seines Japan-Besuches das Evakuierungszentrum Iwaki in der Präfektur Fukushima. Trittin will sich vor allem über die Konsequenzen aus der Reaktorkatastrophe informieren. Auf dem Programm seines dreitägigen Aufenthalts stehen auch Gespräche mit Politikern, Wirtschaftsvertretern und Umweltorganisationen. Am Dienstag hatte bereits Unions-Fraktionschef Volker Kauder als erster deutscher Politiker die Katastrophenregion im Nordosten besucht.
Grüner Tee radioaktiv belastet
Derweil hat radioaktive Strahlung an Tee-Blättern erste Folgen für die Bauern in der Provinz Shizuoka. Einige Plantagen in Japans berühmter Teeanbau-Provinz sollen den Verkauf radioaktiv belasteter Teeblätter stoppen, wie die lokalen Behörden bekanntgaben. Fünf Plantagen in Japans größter Teeanbau-Region wurden aufgefordert, freiwillig den Vertrieb der Blätter einzustellen und die bereits ausgelieferten zurückzurufen. Bei Untersuchungen war dort in Folge des Atomunfalls radioaktive Strahlung oberhalb der Grenzwerte gemessen worden. Die Behörden hatten 20 Plantagen in dem Anbaugebiet Warashina, 370 Kilometer südwestlich von der Atomruine Fukushima, untersucht. In Warashina war vor kurzem in getrockneten Teeblättern radioaktives Cäsium festgestellt worden.
Grüner Tee aus Japan wird in aller Welt für seine gesundheitsfördernde Wirkung geschätzt. Der Bürgermeister der Provinzhauptstadt Shizuoka erklärte laut Medienberichten, er werde von der Zentralregierung in Tokio Schadenersatz verlangen. Japan hatte im vergangenen Jahr 83 000 Tonnen getrocknete Teeblätter produziert. Davon entfielen 40 Prozent auf die Provinz Shizuoka. Die lokalen Behörden wollen nun weitere Strahlenmessungen vornehmen. In Deutschland wurden bei bisherigen Überprüfungen durch Behörden der Bundesländer keine erhöhten Strahlenwerte in Tee aus Japan festgestellt, wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auf Anfrage mitteilte.
Dekontaminierung von Kühlwasser
Unterdessen arbeitete der Betreiber der Atomruine, Tepco, am Mittwoch weiter daran, eine Anlage zur Dekontaminierung von hochgradig verseuchtem Wasser an diesem Freitag in Betrieb zu nehmen. Die Inbetriebnahme gilt als wichtiger Schritt bei der Bewältigung der Krise. Mit dem System sollen die großen Mengen verseuchten Wassers gereinigt werden, das zur Kühlung der Reaktoren benötigt wird. Statt immer neues Wasser in das AKW zu pumpen, soll das kontaminierte Wasser recycelt und zur weiteren Kühlung verwendet werden. Die verseuchte Brühe behindert die Arbeiten zur Instandsetzung der zerstörten Kühlsysteme des AKW.