Fukushima-Folgen: Radioaktives Wasser verteilt sich im Meer
Stand: 10.07.2012
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Kiel - Das Kernkraftwerk Fukushima liegt direkt an der Küste. Durch den GAU im März 2011 wurde das Meer in unmittelbarer Nähe sehr stark radioaktiv verseucht. Nun verteilt sich das Atom-Wasser langsam aber sicher im Nordpazifik. 2013 wird es die Küsten der USA erreichen.
Meeresströmungen treiben das verseuchte Meerwasser weiterhin Richtung Nordamerika. Schon jetzt hat sich die radioaktive Fracht über den halben Nordpazifik verteilt. Das zeigt eine Modellrechnung von Wissenschaftlern des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel. Den Berechnungen nach werden die ersten Ausläufer des bei der japanischen Atomkatastrophe verseuchten Wassers in etwa drei Jahren die nordamerikanische Küste erreichen. Die Radioaktivität werde dann knapp unter den Werten liegen, die noch heute infolge der Tschernobyl-Katastrophe in der Ostsee messbar sind, berichten die Forscher im Fachmagazin "Environmental Research Letters" (doi: 10.1088/1748-9326/7/3/034004). Dort finde man noch rund 20 Becquerel pro Kubikmeter Wasser. Das sei gegenüber dem Normalwert leicht erhöht, liege aber noch deutlich unter dem Grenzwert für Trinkwasser. Starke Wirbel und Winterstürme hätten das radioaktive Wasser im Pazifik bereits stark verdünnt.
Durch die Reaktorkatastrophe von Fukushima im März vergangenen Jahres wurden große Mengen radioaktiven Materials freigesetzt. Darunter sind auch langlebige Isotope wie das im Meerwasser gut lösliche Cäsium-137. Wie die Forscher berichten, gelangte ein überwiegender Teil davon über die Atmosphäre in den Pazifischen Ozean. Ein Teil stamme aber auch aus verseuchtem Wasser, das bei den Notfallmaßnahmen ins Meer geleitet wurde. "Die im März und April 2011 in den Pazifik geflossene Menge an Radioaktivität war mindestens dreimal so groß wie die, die 1986 infolge der Tschernobyl-Katastrophe in die Ostsee eingetragen wurde", sagt der Leiter des GEOMAR-Forscherteams, Claus Böning. Sie habe bei rund zehn Terabecquerel - zehn Billionen Becquerel - pro Kubikmeter Wasser gelegen.
Verseuchtes Wasser folgt den Meeresströmungen
Wie sich das verseuchte Wasser von der japanischen Küste aus langfristig im Nordpazifik ausbreitet, hat das Forscherteam nun mit Hilfe detaillierter Computersimulationen untersucht. Ihren Ergebnissen nach werden erste Ausläufer des verstrahlten Wassers etwa im Herbst 2013 die Hawaii-Inseln streifen und zwei bis drei Jahre später die nordamerikanische Küste erreichen. Partikel, die über die Luft mit dem Wind transportiert wurden, waren dagegen schon wenige Tage nach dem Atomunfall an der kalifornischen Küste messbar. Die Ausbreitung über das Wasser dauere deshalb relativ lange, weil das radioaktive Wasser vor allem den Meeresströmungen folge. Die Simulation zeige allerdings, dass das radioaktive Cäsium inzwischen schon über fast den halben Nordpazifik verteilt sei, berichtet Erstautor Erik Behrens vom GEOMAR.
Kuroshio-Strom sorgte für starke Verdünnung
Aus ihrer Simulation konnten die Forscher auch ablesen, wie stark Strömungen, Wind und Wellen die radioaktiven Partikel im Ozean verteilt haben. Vor allem der sogenannte Kuroshio-Strom vor der japanischen Küste habe das verseuchte Wasser bereits stark verdünnt. Auch Winterstürme hätten das Meer stark durchmischt. Beide Faktoren zusammen hätten in der Modellrechnung für eine rasche Abnahme der Cäsium-Konzentrationen gesorgt. Wenn das Wasser die Küste der USA erreiche, werde die radioaktive Belastung durch das Cäsium-137 den Berechnungen zufolge daher auf rund 10 bis 20 Becquerel pro Kubikmeter abgesunken sein.
Dennoch werden noch über Jahre hinweg die Strahlungswerte im Nordpazifik deutlich über denen vor der Katastrophe liegen, wie die Forscher berichten. Ihren Berechnungen nach wird sich das verseuchte Wasser in den nächsten Jahren sehr viel weniger stark verdünnen als bisher. Die ozeanischen Wirbel im Ostpazifik seien wesentlich schwächer als in der Kuroshio-Region, daher sei auch die Vermischung verschiedener Wassermassen in diesem Gebiet nicht so ausgeprägt.