Fukushima: Der Kampf gegen die Katastrophe
Stand: 17.03.2011
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Tokio - Der Kampf gegen die Katastrophe im japanischen AKW Fukushima Eins wird nun aus der Luft geführt: Zwei Armee-Hubschrauber warfen für ein Kühlmanöver Tonnen von Wasser über dem Reaktor 3 ab, wie der japanische Fernsehsender NHK zeigte. Zudem wurden Wasserwerfer in Stellung gebracht. Auch soll die Stromversorgung wiederhergestellt werden.
Einsatzkräfte arbeiteten in Fukushima unter extremen Bedingungen daran, das Atomkraftwerk erstmals seit dem Beben vom Freitag wieder über eine Behelfsleitung mit Strom zu versorgen.
Wiederherstellung der Stromversorgung
Bis zum Nachmittag (Vormittag MEZ) könnte die Leitung teilweise wieder funktionieren, meldete die Agentur Kyodo unter Berufung auf die nationale Atomsicherheitsbehörde. Damit soll die defekte Kühlung wieder in Gang gebracht werden. Wie der japanische Verteidigungsminister Toshimi Kitazawa sagte, sind leistungsstarke Pumpen der US-Streitkräfte auf dem Weg nach Japan.
Japanische Freiwillige wollen die Arbeiter im havarierten AKW unterstützen. Darunter sind Angestellte des Betreibers Tepco sowie anderer Firmen, wie der britische Sender BBC am Donnerstag berichtete.
Die zuletzt gemessene radioaktive Strahlung am Atomkraftwerk betrug nach Angaben von Verteidigungsminister Kitazawa 4,13 Millisievert pro Stunde. In Deutschland liegt der Grenzwert für zusätzliche radioaktive Strahlung bei 1 Millisievert pro Jahr.
Einsatz von Helikoptern und Wasserwerfern
Der Kampf gegen die drohende Kernschmelze wird nun aus der Luft geführt. Die eingesetzten Hubschrauber können nach Angaben des Fernsehsenders NHK 7,5 Tonnen Wasser fassen. Doch das zielgenaue Treffen ist schwierig. Die Helikopter durften demnach nicht über dem Kraftwerk kreisen, sondern mussten im Vorbeifliegen Wasser ablassen.
Vier Mal in rund 20 Minuten ergoss sich ein riesiger Schwall über den Block 3, dessen Dach bei einer Explosion abgerissen worden war.
Die Helikopter sind nach Senderangaben mit einer Bleiplatte am Boden verstärkt, mit der die Besatzung vor radioaktiver Strahlung geschützt werden soll. Von einem Hubschrauber in mehr als 30 Kilometern Entfernung - also außerhalb der erweiterten Sicherheitszone um das AKW - aus hatte NHK das Manöver gefilmt. Anders als noch am Mittwoch hätten die gemessenen Strahlenwerte am Donnerstag einen Lufteinsatz zugelassen, erklärte Verteidigungsminister Kitazawa nach dem Manöver.
Am Nachmittag wollte die Polizei damit beginnen, die beschädigten Reaktoren im Kernkraftwerk Fukushima Eins mit Wasserwerfern abzukühlen. Bei Reaktor 4 etwa aber ist das Dach noch teilweise intakt, das erschwert den Einsatz aus der Luft. Elf Spezialfahrzeuge würden eingesetzt, sagte Kitazawa.
Das Wasser soll die Temperatur im Kraftwerksinneren senken. Die Brennelemente in Reaktor 3 enthalten hochgiftiges Plutonium und liegen teilweise frei. Die wichtige innere Reaktorhülle des Blocks 3 sei möglicherweise beschädigt, hatte Regierungssprecher Yukio Edano am Mittwoch berichtet. Später hieß es, die Hülle sei intakt. Die Angaben der Behörden sind seit Tagen oft widersprüchlich.
Regierungssprecher Yukio Edano sagte am Donnerstag, die Kühlversuche in den Reaktoren 5 und 6 hätten noch nicht begonnen. Wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo weiter mitteilte, sank der Wasserstand in Block 5, der Druck stieg.
Regierungssprecher Edano berichtete, Japans Ministerpräsident Naoto Kan und US-Präsident Barack Obama hätten etwa 30 Minuten lang telefoniert und eine "enge Zusammenarbeit" vereinbart. Obama habe versprochen, noch mehr Atomexperten nach Japan zu schicken.
Experten: Lage ist kritisch
Internationale Fachleute beurteilen die Lage äußerst kritisch: Laut der US-Atomregulierungsbehörde NRC liegen die Brennstäbe in Reaktor 4 wahrscheinlich komplett frei. Nach Einschätzung des französischen Instituts für Strahlenschutz und Nuklearsicherheit (IRSN) ist mit einer nuklearen Verseuchung größeren Ausmaßes für den Fall zu rechnen, dass die Kühlung der abgebrannten Brennelemente nicht gelingt. "In den nächsten 48 Stunden entscheidet es sich", sagte IRSN-Direktor Thierry Charles nach Angaben der Agentur AFP.
Die Situation der Flüchtlinge in Japan verschärft sich derweil. In der Präfektur Fukushima verlassen immer mehr Menschen ihre Häuser und bringen sich in Sicherheit. Wie der Fernsehsender NHK berichtete, flohen weitere 28.000 Menschen vor der Gefahr radioaktiver Verstrahlung. Weiter im Nordosten kämpfen die Menschen unterdessen gegen bittere Kälte. Benzin und Nahrungsmittel werden immer knapper.