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Folgen des Gasstreits Moskau-Kiew nehmen zu

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox | dpa

Moskau/Kiew/Berlin/Brüssel/Heidelberg - Russland hat den kompletten Lieferstopp seines Gases über die Ukraine nach Westeuropa am Mittwoch bestätigt. Die Ukraine habe die letzte von vier Transit-Leitungen für das russische Gas in die Europäische Union geschlossen, sagte der Vize-Chef des russischen Gasmonopolisten Gazprom, Alexander Medwedew, der Agentur Interfax zufolge in Berlin. Westeuropa erhält aber noch über andere Leitungen weiterhin Gas. Gazprom hatte der Ukraine vorgeworfen, das für den Export bestimmte Gas zu Eigenzwecken zu stehlen. Deshalb gebe es keinen Grund mehr, das Gas über die Ukraine zu den Kunden in Westeuropa zu pumpen, hatte Gazprom-Chef Alexej Miller gesagt.

Im Gas-Streit mit der Ukraine hat Russland von Europa ein schärferes Vorgehen gegen die Führung in Kiew gefordert. Der Westen solle mit aller Kraft den ungestörten Transit von russischem Gas sichern, sagte am Montag der Vizechef des Monopolisten Gazprom, Alexander Medwedew, in Paris. Die EU lehnte bei einem Botschaftertreffen in Brüssel jedoch eine Vermittlerrolle ab. Unterdessen machte sich der Streit, in dem sich kein Ende abzeichnet, erneut bei der Energieversorgung mehrerer Länder negativ bemerkbar. Deutschland war davon aber nicht betroffen. Nach Einschätzung der EU-Kommission ist die Versorgung europäischer Erdgas-Kunden vorläufig gesichert. Die Lage könne sich aber ändern, warnte ein Sprecher.
 
Russlands Regierungschef Wladimir Putin veranlasste eine Teilversorgung von Westeuropa über alternative Routen. Der frühere Kremlchef wies Gazprom an, rund 65,3 Millionen Kubikmeter Gas nicht durch Pipelines in der Ukraine, sondern zum Beispiel durch die Türkei und Weißrussland zu pumpen, meldete die Agentur Interfax. Es handele sich um die Menge, die die Ukraine aus Transitleitungen illegal abzapfe, sagte Putin bei einem Gespräch mit Gazprom-Chef Alexej Miller. Kiew bestreitet dies. Miller sicherte Westeuropa erneut zu, dass sein Unternehmen alles für eine störungsfreie Versorgung tue.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) rief beide Länder zu einer sofortigen Wiederaufnahme ihrer Gespräche auf. Wichtig wäre ein mehrjähriger Vertrag, in dem nachvollziehbar die wichtigsten Punkte geregelt seien, wie Gaspreise, Transitmengen und Transitgebühren, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Dienstag). Glos sieht die Bundesregierung nicht als Vermittler: "Deutschland und die EU sind Abnehmer des durch die Ukraine geleiteten russischen Gases, aber sie sind weder Vermittler noch gar Partei in diesem Streit."

Der am Neujahrstag ausgebrochene Konflikt beschäftigt zunehmend die EU. Brüssel wolle nicht vermitteln, aber weiter Informationen sammeln, denn die Fakten seien schwer durchschaubar, sagten EU-Diplomaten nach Beratungen. Am Montag brach eine Delegation der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft und der Kommission zu Gesprächen nach Kiew auf. "Die Mission (...) soll auch Druck ausüben, um das Problem zu lösen", sagte ein Sprecher von EU-Energiekommissar Andris Piebalgs in Brüssel. An diesem Dienstag wird Medwedew in Berlin die von Tschechiens Industrie- und Handelsminister Martin Riman geführte Abordnung sowie den Wirtschaftsstaatssekretär Jochen Homann treffen.

Der Gazprom-Vize warb in Paris für die geplante Ostsee-Pipeline zwischen Russland und Deutschland. Die Route an der Ukraine vorbei garantiere die Versorgung Europas. Russland pumpt 80 Prozent seines Gases für Westeuropa durch die Ukraine. Ein Gericht in Kiew untersagte dem Staatsunternehmen Naftogas am Montag, weiter russisches Gas zu den aktuellen Bedingungen nach Westeuropa zu liefern. Ein eigentlich bis 2010 geschlossenes Abkommen zwischen Moskau und Kiew sei ungültig, weil der Delegationsleiter 2006 bei der Unterzeichnung keine Vollmacht für die Festlegung des Preises besessen habe. Ob das Urteil Folgen für Westeuropa hat, war unklar.

In Deutschland gab es trotz des Streits keine Lieferengpässe. "Die Gasversorgungsunternehmen bekommen zu 100 Prozent die Lieferungen, die sie bestellt haben", sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Hingegen erhielten unter anderem Polen, Rumänien, Bulgarien und die Slowakei erneut bis zu 30 Prozent weniger russisches Gas aus der Ukraine. Auch Ungarn, Serbien und Bosnien fürchten nach Angaben aus Kiew eine Reduzierung.