Förderkürzung und Pleitewelle: Solarindustrie im Tal der Tränen
Stand: 13.06.2012
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München - Die Solarmesse Intersolar hat Jahre des Booms hinter sich. Nun ging die Zahl der Aussteller erstmals zurück. Grund ist eine Pleitewelle, die in den letzten Wochen und Monaten durchs Land rollte. Und auch bei den überlebenden Firmen ist die Stimmung am Boden.
In warmen Farben mit strahlendem Sonnenschein werben die Firmen auf der weltgrößten Solarmesse Intersolar für die Energiequelle der Zukunft. Die Gegenwart sieht trister aus. Massive Konkurrenz aus dem Ausland zwingt reihenweise Hersteller in die Knie. Besonders mit China entwickelt sich ein Kampf, der mit immer härteren Bandagen ausgefochten wird. Zudem lähmt der Streit um die Kürzung der Solarförderung das Geschäft. Von der Aufbruchsstimmung vergangener Jahre ist auf der Messe nicht mehr viel zu spüren.
Überkapazitäten führen zu Preisverfall und Insolvenzen
Nach einem stürmischen Wachstum brach die Zahl der Aussteller erstmals ein, rund 1900 Firmen stellen seit Mittwoch ihre Neuheiten in München vor - im vergangenen Jahr waren es mehr als 2200. "Gerade in den letzten Wochen gab es einige Insolvenzen", sagt Markus Elsässer, der die Messe als Geschäftsführer der Solar Promotion veranstaltet. Viele Firmen mussten in letzter Minute absagen.
Betroffen von der Krise der Solarindustrie sind nicht nur deutsche Firmen. Auch im Ausland leiden Hersteller unter den oft unsicheren politischen Rahmenbedingungen. In Berlin ringen derzeit Bund und Länder um einen Kompromiss für weitere Förderkürzungen. Dazu kommen auf dem Solarmarkt immense Überkapazitäten, die zu einem Preisverfall führen.
Auch fast 400 chinesische Firmen sind zur Intersolar nach München gereist und werben auf der Messe um das Vertrauen der Kunden. Der chinesische Hersteller Linuo Power hat einen Imagefilm mitgebracht, der in schwäbischer Sprachfärbung für den "Sonnenscheintraum" made in China wirbt. "Mutigen Schrittes nach vorn mit Leidenschaft", verspricht das Unternehmen und will den «Samen der Photovoltaik-Energiegeneration weltweit säen.» Auch mit Gütesiegeln und Urkunden an dem Messestand wollen die Firmen kritische Kunden aus Europa von der Qualität ihrer Produkte überzeugen.
Branche strebt Strafzölle für Chinesen an
Viele Hersteller hierzulande sehen in der Konkurrenz aus China indes das größte Übel überhaupt: Die Chinesen böten dank staatlicher Hilfe bei der Kreditbeschaffung unterhalb der Produktionskosten an und drängten so andere Anbieter aus dem Markt. Das Bonner Unternehmen Solarworld will mit Unterstützung anderer europäischer Anbieter in Brüssel eine Klage einreichen. Das Ziel sind Strafzölle für die Chinesen. In den USA hat Solarworld schon mit einer Klage Erfolg gehabt. Die EU-Beschwerde soll laut Konzernchef Frank Asbeck "so schnell wie möglich" eingereicht werden. "Woche für Woche schließen Hersteller in Europa, es gibt keine Zeit zu verlieren." Es wird erwartet, dass es im Juli soweit ist.
Betroffene von den Strafzöllen wie der chinesische Weltmarktführer Suntech warnen vor einem Handelskrieg mit China. Es sei nicht zu unterschätzen, dass die chinesische Regierung mit Einfuhrzöllen auf Solarsilizium gegenhalten könnte. Das schade wiederum Produzenten wie der deutschen Wacker Chemie. Suntech-Vertriebschef Andrew Beebe verweist auf Preissteigerungen für die Verbraucher. "Solar zu niedrigen Kosten ist unser aller Ziel - da ist es doch verrückt, die Photovoltaik mit Handelshemmnissen bewusst teurer zu machen."
Solarworld-Chef Asbeck kontert: "Der Handelskrieg hat längst begonnen, und zwar nicht in den Brüsseler Institutionen, sondern am Markt, und er hat schon erste Opfer in Form einer Reihe von Insolvenzen gefunden." Es gehe nicht darum, in den USA oder in Europa die Preise zu erhöhen. "Es soll nur die ruinöse Abwärtsspirale beendet werden, die von China angetrieben wird."
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