First Solar streicht über 1200 Jobs in Deutschland
Stand: 18.04.2012
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Tempe/Frankfurt (Oder)/Berlin - Die Solarkrise treibt nicht nur deutsche Firmen in die Insolvenz. Nun zieht sich auch das US-Unternehmen First Solar aus Deutschland zurück. Die Produktion lohne sich hierzulande nicht mehr. Über 1200 Menschen werden ihren Job verlieren.
Die Krise in der Solarbranche kostet 1200 Jobs in Frankfurt (Oder): Der US-Konzern First Solar macht sein dortiges Werk im vierten Quartal komplett dicht. Zudem fallen zahlreiche Arbeitsplätze am Vertriebsstandort in Mainz weg.
"Diese Entscheidung fällt uns nicht leicht", erklärte Konzernchef Mike Ahearn am Dienstag am Firmensitz in Tempe im US-Bundesstaat Arizona. "Wir haben die Lage sorgfältig analysiert und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass unsere Produktion aufgrund der gravierenden Verschlechterung der Marktbedingungen in Europa wirtschaftlich nicht mehr nachhaltig ist."
China überschwemmt Markt mit Billigzellen
Das Werk in Frankfurt/Oder war jüngst sogar noch ausgebaut worden. Dann jedoch setzten die Probleme in der Branche ein. Vor allem überschwemmte China mit billigen Solarmodulen den Markt. Überdies fielen Subventionen weg. Bereits seit 1. März sind die Mitarbeiter in Frankfurt in Kurzarbeit.
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck bezeichnete den Rückzug als dramatische Entscheidung für das Land und für die Stadt Frankfurt (Oder). "Wir werden seitens der Landesregierung alles tun, was in unseren Möglichkeiten steht, um den Oberbürgermeister der Stadt zu unterstützen und den Standort in Gänze zu sichern", sagte der SPD-Politiker.
30 Millionen Euro Verlust
Die Zahl der Mitarbeiter in Mainz wird nach Angaben eines First-Solar-Sprechers "deutlich" verkleinert. In Mainz sitzt der Vertrieb von First Solar. Zusammen mit anderen Standorten in Europa fallen so noch einmal rund 150 von 175 Arbeitsplätzen weg.
First Solar hatte im vergangenen Jahr einen Verlust von 39 Millionen Dollar (30 Mio Euro) eingefahren und reagiert darauf nun mit einem Sparprogramm. Der Aktienkurs war von in der Spitze annähernd 170 Dollar binnen eines Jahres auf noch gut 20 Dollar eingebrochen. Einige Manager sind gegangen, im vergangenen Oktober auch der damalige Konzernchef. Mehrere andere Produktionslinien weltweit werden angesichts der Überkapazitäten im Markt vorübergehend stillgelegt.
Jeder 3. Beschäftigte verliert Job
Insgesamt fallen 2000 Mitarbeiter dem Sparkurs zum Opfer. Das ist etwa jeder Dritte Beschäftigte. "Wir werden alle betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fair behandeln", erklärte Firmenchef Ahearn, ohne Details zu nennen. First Solar gehört zu den größten Spielern in der Branche. Mehrere Rivalen sind bereits pleite gegangen.
Platzeck machte die schwarz-gelbe Bundesregierung für die Probleme der deutschen Solarbranche verantwortlich. Er hätte mehr industriepolitische Akzente erwartet. "Stattdessen kommt eine überstürzte weitere Kürzung der Solarförderung." Für ihn zeige sich nun auch deutlich, dass nicht jeder wegfallende Arbeitsplatz in der Kohleenergie ohne weiteres durch Jobs in den erneuerbaren Energien ersetzt werde, sagte der Regierungschef. Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) verwies darauf, dass seit 2006 rund 25 Millionen Euro direkte Förderung an First Solar in Brandenburg geflossen seien. Nun müsse geprüft werden, was davon zurückgefordert werden könne.
"Ein sozialpolitischer Skandal"
Die Gewerkschaft IG Metall nennt die angekündigten Stellenstreichungen bei First Solar in Frankfurt (Oder) einen "sozialpolitischen Skandal". "Die können sich nicht einfach aus der Verantwortung stehlen", sagte der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Ostbrandenburg, Peter Ernsdorf, der Nachrichtenagentur dpa.
Die Gewerkschaft sei von der angekündigten Streichung von 1200 Arbeitsplätzen völlig überrascht worden. Bei den Beschäftigten von First Solar sei die Stimmung "unter aller Kanone".
Mit dem Betriebsrat sei die Gewerkschaft in Kontakt. "Wir haben ihnen alle Unterstützung angeboten." Es gehe jetzt auch um Gespräche mit anderen Solarunternehmen in Ostbrandenburg - zum Beispiel mit Odersun, die einen Insolvenzantrag gestellt hat. An diesem Freitag sei ein Treffen von IG Metall und First-Solar-Vertretern geplant - die Zusammenkunft sei schon anberaumt gewesen, bevor die Schließung der Produktionsstätten in Frankfurt (Oder) bekanntwurde. Mit Blick auf die Situation in der Solarbranche und der Konkurrenz aus Asien sagte Ernsdorf: "Wir können nie mit dem asiatischen Markt mithalten. Wir müssen nicht billiger, sondern besser werden."