Fehlende Leitungen gefährden Stabilität des Stromnetzes
Stand: 05.01.2012
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Berlin - Der mangelnde Ausbau des deutschen Stromnetzes macht den Energieversorgern zu schaffen. Das windige Wetter sorgt für eine volle Auslastung im Norden der Republik, während im Süden eine hohe Verbrauchslast herrscht. Der Netzbetreiber Tennet musste bereits auf Kaltreserven zurückgreifen.
Die Stabilität der deutschen Stromversorgung ist einem Pressebericht zufolge in diesem Winter offenbar nur mit Mühe aufrecht zu erhalten. Nach Informationen der Zeitung "Die Welt" musste der Netzbetreiber Tennet bereits am 8. und am 9. Dezember erstmals auf die von der Bundesnetzagentur definierte Kaltreserve österreichischer Kraftwerke zurückgreifen, um die Stabilität der Stromversorgung garantieren zu können. Dafür musste unter anderem ein altes Öl-Kraftwerk bei Graz wieder ans Netz gebracht werden. Die Bundesnetzagentur bestätigte dies gegenüber der Zeitung.
Um den Betrieb des deutschen Höchstspannungsnetzes kümmern sich vier Unternehmen. Im Westen Deutschlands ist die frühere RWE-Tochter Amprion zuständig, im Osten 50Hertz (ehemals Vattenfall) und in Baden-Württemberg EnBW. Das Gebiet von Norddeutschland über Hessen bis nach Bayern deckt der Betreiber Tennet ab (der Teil gehörte bis 2010 dem Versorger Eon).
Kritische Situationen häufen sich
Eine Sprecherin des Netzbetreibers Tennet sagte dem Blatt, eine Kombination aus hoher Windkraft-Leistung im Norden und der hohen Verbrauchslast im Süden an diesen beiden Tagen sei die Ursache gewesen. Am 8. und 9. Dezember hatte das Sturmtief "Ekkehard" für ein fast volles Windkraftangebot von rund 20.000 Megawatt in Norddeutschland gesorgt. Wegen fehlender Leitungen konnte diese Energie aber nicht nach Süden transportiert werden. Erschwerend sei hinzugekommen, dass der Block C des Atomkraftwerks Gundremmingen des Versorgers RWE unplanmäßig abgeschaltet war, weil zwei der 784 Brennelemente wegen leichter Defekte ausgetauscht werden mussten.
Nach Angaben von Tennet musste das Unternehmen im vergangenen Jahr an 306 Tagen insgesamt 990 Mal mit Sondermaßnahmen in den Energiemarkt oder den Netz- und Kraftwerksbetrieb eingreifen, um die Netzstabilität gewährleisten zu können. Im Vorjahr 2010 waren es noch 298 Eingriffe an 161 Tagen - die Zahl hat sich also mehr als verdreifacht. Nach Tennet-Angaben gehen die Kosten für solche Sondermaßnahmen der Netzstabilisierung "in die Millionen". Auch beim ostdeutschen Netzbetreiber 50Hertz gab es dem Bericht zufolge Eingriffe. Im vergangenen Jahr mussten an 41 Tagen Windparks in Ostdeutschland mit einer Leistung von bis zu 250 Megawatt entschädigungslos abgeschaltet werden, sagte ein Sprecher dem Blatt auf Nachfrage. Im Jahr zuvor war dies nur an sechs Tagen nötig geworden.