FDP will störanfällige AKW früher vom Netz nehmen
Stand: 05.10.2009
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Berlin - Die FDP erwägt eine zeitnahe Stilllegung störanfälliger Atomkraftwerke und wendet sich damit von einer pauschalen Laufzeitverlängerung für alle 17 Meiler ab. Sollten die Stromkonzerne sich dagegen sperren, könnte es beim Atomausstieg bis 2022 bleiben, drohte der FDP-Vizechef Andreas Pinkwart überraschend am Sonntag vor Beginn der Koalitionsverhandlungen mit der Union an. CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder sprach sich hingegen für eine generelle Laufzeitverlängerung der Atommeiler aus.
Im Wahlkampf hatten beide Parteien die Ausstiegsvereinbarung von rot-grüner Bundesregierung und AKW-Betreibern aus dem Jahr 2000 vehement bekämpft. Experten der künftigen Koalition gingen auf dpa-Anfrage aber nicht davon aus, dass der Ausstieg aus dem Atomausstieg scheitern wird. Zugleich ging am Wochenende die Diskussion über Einschränkungen der Solarenergie-Förderung weiter.
Unterdessen machen Umweltschutzgruppen und die Anti-Atomkraft-Bewegung gegen die Verlängerung der Laufzeiten bis 2030 oder länger mobil. Sie wollen den Beginn der Koalitionsverhandlungen an diesem Montag in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung mit einem 1,6 Kilometer langen Protestlauf und einer anschließenden Kundgebung gegen diese Pläne begleiten. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast hatte zuvor erklärt: "Wir werden den Konzernen zeigen, dass sie mit Laufzeitverlängerungen Kunden verlieren."
Pinkwart sagte dem "Spiegel": "Wenn die Stromkonzerne sich gegen unsere Bedingungen sperren, bleibt es eben beim geltenden Ausstiegsgesetz." Die Laufzeiten der Anlagen sollten nicht pauschal verlängert werden, wie es der Vorstandschef des Essener Energiekonzerns RWE, Jürgen Großmann, kürzlich verlangt habe. Man müsse jedes Kraftwerk einzeln auf Störanfälligkeit überprüfen und zu einer Gesamtlösung kommen, die auch Ökostrom und Wettbewerb fördere, sagte der nordrhein-westfälische FDP-Chef. "Es bietet sich bei einigen Reaktoren auch eine frühere Stilllegung an als bisher vorgesehen." Fachleute erwarten, dass der Pannenreaktor Krümmel einer der ersten sein wird.
Großmann hatte eine Verlängerung auch für die alten hessischen RWE-Anlagen Biblis A und B verlangt, die er als sicher ansieht, in denen allerdings seit langem häufige technische Störungen vorkommen. Auch zur Zeit sind beide Kraftwerksblöcke abgeschaltet. Deren jeweilige Betriebsdauer verschiebt sich deshalb nach hinten, weil laut Atomausstiegs-Vereinbarung von 2000 jedem der Atommeiler eine Rest-Produktionsmenge zugewiesen wurde, die im Laufe der Jahre abgearbeitet werden kann. Auf dieser Basis sollte der schrittweise Ausstieg der Anlagen nach bisheriger Planung etwa 2022 beendet sein.
Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen über die allgemeine Energiepolitik werden Union und FDP auch mit den Stromversorgern reden. Diese sollen als Preis für verlängerte Laufzeiten der weitgehend abgeschriebenen Atommeiler aus den daraus entstehenden Zusatzprofiten einen hohen Betrag in einen Fonds einzahlen: unter anderem zur Erforschung neuer Energietechnologien. Die Unions-Fraktion will zweistellige Milliardengewinne von den Stromkonzernen abschöpfen. Etwa 40 bis 50 Milliarden Euro sollten in einen Fonds zum Ausbau erneuerbarer Energien und für anderes eingezahlt werden, sagte Fraktionschef Kauder am Sonntag im ARD-"Bericht aus Berlin".
Die CDU-Umweltministerin Tanja Gönner forderte die Festlegung von Sicherheitsstandards nach dem Stand der Technik, auf deren Basis auch ältere Atomanlagen nachgerüstet werden und damit länger in Betrieb bleiben könnten. Zugleich warnte sie am Samstag im Gespräch mit "fr- online" (Frankfurter Rundschau) die FDP und Energiepolitiker aus der Union vor einer Hau-Ruck-Aktion bei Kürzungen der Solarförderung. Zwar gebe es Spielraum für eine Reduzierung. Man könne aber nicht alle halbe Jahre die Förderung rauf und runter setzen. Die Zuständigkeit für Erneuerbare Energien sollten im Umweltressort des Bundes bleiben und nicht aufs Wirtschaftsministerium übergehen, sagte Gönner. Sie war zeitweise als künftige Bundesumweltministerin gehandelt worden.
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