Berlin (dpa) - Die Präsidenten des Bundesamts für Strahlenschutz und des Umweltbundesamts haben Warnungen der großen Stromkonzerne zurückgewiesen, dass mit dem Atomausstieg eine Lücke in der Stromversorgung drohe. "Die Lichter gehen nicht aus, wenn der Ausstiegsfahrplan eingehalten wird", sagte der Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz, Wolfram König, der "Financial Times Deutschland" (Freitag). Das Jahr 2007 sei durch den Stillstand mehrerer Kernkraftwerke gleichsam eine Vorschau auf das geplante Ausstiegsszenario gewesen. "Obwohl erhebliche Reaktorkapazitäten nicht zur Verfügung gestanden haben, hat Deutschland weiter Strom ins Ausland exportiert", erklärte er.
Der Präsident des Umweltbundesamts, Andreas Troge, sagte: "Es wird keine Probleme geben, wenn sich alle an das Klima- und Energieprogramm der Bundesregierung halten, das eine starke Steigerung der Energieeffizienz vorsieht." Er fügte hinzu: "Falls allerdings die Erzeuger die Verbesserung der Effizienz und den Transport des Stroms aus
erneuerbaren Energien bewusst verzögerten, können sie Probleme provozieren."
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) äußerte sich besorgt über Verzögerungen bei den Investitionen in die Energieversorgung. Der Ausbau der Stromleitungsnetze gehe zu langsam voran, sagte Gabriel der Braunschweiger Zeitung (Freitag). Sorge mache ihm auch, dass bereits geplante Standorte für
Kohlekraftwerke wieder infrage gestellt würden. In der Kommunalpolitik gebe es Bündnisse unter Einschluss der CDU und der Linkspartei, die selbst gegen Kraftwerke mit der umweltfreundlichen
Kraft-Wärme-Kopplung seien. "Das ist gefährlich: Entweder werden wir in hohem Maß von Gas abhängig oder der Druck zur Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken nimmt dramatisch zu." Gabriel warnte: "Man kann nicht gegen alles sein, vom Netzausbau bis zum Kraftwerk. So ist eine Industriegesellschaft nicht organisierbar."
Das Deutsche Atomforum hatte sich am Donnerstag auf einer Tagung erneut für eine längere Laufzeit von Atomkraftwerken ausgesprochen. Auch der frühere SPD-Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement stellte sich mit einem Aufruf gegen den
Atomausstieg erneut gegen die offizielle Linie seiner Partei.
Dennoch wandte sich Umwelt-Staatssekretär Michael Müller (SPD) gegen einen teilweise geforderten Parteiausschluss Clements. "Man kann Clement ertragen, weil seine Argumente nicht verfangen. Außerdem muss man eine solche Debatte auch aushalten", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag).