Experte: Elektroautos werden sich hauptsächlich als Zweitwagen durchsetzen
Stand: 02.09.2009
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Frankfurt /Aachen - Autos mit rein elektrischem Antrieb eignen sich nach Expertenmeinung auf absehbare Zeit hauptsächlich als Zweitwagen. "Das reine Elektrofahrzeug wird auch in den nächsten 20 Jahren ein Kurzstrecken-Fahrzeug bleiben", sagte Professor Dirk Uwe Sauer von der RWTH Aachen im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Aber auch hier sieht der Experte ein enormes Marktpotenzial, schließlich würden in Deutschland gut zehn Millionen Autos als Zweitwagen genutzt. Die Elektroautos seien mit einer Reichweite von rund 100 Kilometern pro Stromladung ideal für den Stadtverkehr.
Für mittlere und lange Strecken sieht der Experte in den nächsten 20 bis 30 Jahren als bevorzugte Variante Plug-in-Hybride, bei denen ein verkleinerter Verbrennungsmotor mit einem Elektromotor gekoppelt wird.
Bei diesen Fahrzeugen müssten die Autofahrer ihre Gewohnheiten nicht umstellen und keine Abstriche bei der Reichweite hinnehmen. Batteriebetrieben könnten zwischen 30 bis 50 Kilometer zurückgelegt und damit rund 70 Prozent aller Fahrten abgedeckt werden. Eine Nachladung könnte problemlos an einer normalen Steckdose zu Hause oder am Arbeitsplatz erfolgen. Auf Urlaubsfahrten stünde dann aber der Verbrennungsmotor zur Verfügung. "Dies ist in Bezug auf CO2-Einsparungen pro eingesetztem Geld die effizientere Möglichkeit gegenüber den rein elektrischen Fahrzeugen." Denn einerseits reiche der Elektromotor für die Stadtfahrten und helfe damit, den CO2-Ausstoß zu verringern.
Andererseits sei ein Elektromotor mit einer Reichweite von bis zu 50 Kilometern preislich deutlich günstiger als einer, der auch Reichweiten von mehreren Hundert Kilometern ermöglichen soll.
Mit einem Durchbruch bei den Elektroautos rechnet der Experte fest: "Letzten Endes fehlen für den Individualverkehr langfristig Alternativen zum Elektroauto, denn Benzin wird dauerhaft nicht zu akzeptablen Kosten verfügbar sein. Es ist nicht die Frage, ob die Elektroautos kommen, sondern wann." Die Ladezeiten sieht Sauer nicht als Hemmschuh. Bei den rein elektrischen Fahrzeugen reichten zwei Stunden Strom aus einer Standard-Steckdose für eine Reichweite von 37 Kilometern. "Damit sind Stadtfahrten weitgehend abgedeckt." Auch das derzeit bestehende Stromnetz könne viele Millionen Fahrzeuge ohne einen Ausbau aushalten.
Das Ziel der Bundesregierung, dass bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen fahren soll, hält Sauer für eher konservativ. Schließlich wollten fast alle großen Hersteller in den nächsten zwei Jahren Autos mit Elektroantrieb auf den Markt bringen. "Zudem wird völlig unterschätzt, dass aus dem asiatischen Markt kleine, billige Fahrzeuge auf den Markt kommen werden, die weniger als 10.000 Euro kosten."
Besonders China treibe die Entwicklung von Elektroautos staatlich gefördert voran. Aber auch die Koreaner und Japaner verfügten über eine große Nähe zur den Batterieherstellern und damit dem Herzstück der künftigen Modelle. "Künftig werden aber bei einem Auto bis zu 80 Prozent der Wertschöpfung auf den Bereich Elektrotechnik entfallen. Da werden wir ganz neue Player im Markt sehen", meint Sauer.
Deshalb hält der Experte es auch für einen konsequenten Schritt von Daimler, sich durch ein Gemeinschaftsunternehmen bei der Batterieherstellung mit Li.Tec die Wertschöpfung ins eigene Haus zu holen. "Die Zusammenarbeit mit den Batterieherstellern ist ein notwendiger Schritt, um sich nicht von wenigen Anbietern abhängig zu machen und damit eventuell eine Versorgungslücke zu riskieren."
Technologisch sei der Elektroantrieb schon jetzt machbar, lautet die Einschätzung von Sauer. Es komme nur auf die Stückzahlen an, damit Elektroautos auch zu akzeptablen Preisen angeboten werden können. Zielgröße sei es, die Kosten pro Kilowattstunde auf 300 Euro zu drücken. Damit würde die Batterieeinheit bei einer Reichweite von 100 Kilometern den Hersteller rund 4.500 Euro kosten und damit bei einem Kleinwagen etwa die Hälfte der Materialkosten beanspruchen.
Batterieproduzenten hätten bereits signalisiert, dass der Preis bei einer Produktion von rund zehn Millionen Batteriezellen pro Jahr, mit denen rund 100.000 Fahrzeuge bestückt werden könnten, erreichbar sei. "Der teuerste Teil am Auto werden künftig die Batterien sein."