Experte: Ein Drittel des Weltstrombedarfs kann aus dem Meer kommen
Stand: 28.04.2008
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Kassel (dpa) - Aus Meeresenergie gewonnener Strom kann nach Ansicht eines Experten in Zukunft ein Drittel des Weltstrombedarfs abdecken. "Wenn man von dem ausgeht, was wir an Studien kennen, liegt das Potenzial der Meeresenergie etwa in der Größenordnung der weltweiten Wasserkrafterzeugung", sagte Jochen Bard vom Kasseler Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET) im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Jedoch gebe es noch keine flächendeckenden Studien und keine einheitlichen Verfahren für die Entwicklung der Potenziale.
Weltweit gibt es laut Bard über 150 Projekte im Bereich Meeresenergie. Ein Drittel werde bislang realisiert. "Es gibt bis auf einige Gezeitenkraftwerke jedoch noch kein kommerzielles Projekt im Sinne von: Man kann eine Anlage kaufen, installieren, damit Strom erzeugen und Geld verdienen", sagte der Physiker. In Nordirland werde gerade eine Pilotanlage mit Meeresströmungsturbinen aufgebaut. "Sie erzeugt genug Strom, um tausend Haushalte zu versorgen und soll nach einer Anlaufphase von etwa drei Monaten kommerziell genutzt werden." Insgesamt seien Forscher und Betreiber noch darauf angewiesen, dass jemand Geld für die Projekte bezahlt - aus öffentlichen Töpfen, von privaten Investoren und von Energieversorgungsunternehmen.
"Die Stromkosten von heutigen Anlagen liegen bei zwanzig Cent pro Kilowattstunde aufwärts", sagte Bard, der an der Entwicklung von Systemtechnik für Meeresströmungsturbinen beteiligt ist. Wenn man Meeresenergie langfristig im großen Stil nutze, könne das jedoch günstiger werden. In Deutschland wird laut Bard der Ausbau der Meeresenergie aber eine untergeordnete Rolle für die Stromversorgung spielen. "Eine große Bedeutung könnte für uns der Technologieexport haben. Denn in Deutschland gibt es sehr viel Know-how in den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau."
Gefährlich ins Ökosystem der Meere greife diese Form der Energienutzung nicht ein: "Bei jedem Projekt, das ins Meer gebaut wird, braucht man eine Baugenehmigung, mit der ein Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung einhergeht", sagte der ISET-Projektleiter. Solange man beispielsweise Durchzugsgebiete von Meeressäugern meide, seien weder diese noch Fische beeinträchtigt von der Technologie.