Experiment: Kann in Deutschland Strom aus Erdwärme erzeugt werden
Stand: 27.02.2003
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Potsdam (dpa) - Heisses Wasser aus tiefen Schichten der Erde könnte in Deutschland künftig ein neuer umweltfreundlicher Stromlieferant werden. Mit einem am Donnerstag in Brandenburg gestarteten Grossexperiment wollen Forscher ermitteln, ob die geologischen Voraussetzungen dafür vorliegen. Das Experiment wird von der Bundesregierung mit fast fünf Millionen Euro gefördert. "Die Genehmigungen für ein Kraftwerk, das in zwei Jahren industriereif sein kann, gibt es schon", sagte Professor Rolf Emmermann, Vorstandsvorsitzender des Geoforschungszentrums Potsdam (GFZ), am Donnerstag in Gross Schönebeck nahe Berlin. Bislang wird mit Erdwärme hier zu Lande nur Heizenergie gewonnen.
"Das Beben bricht in das Gestein ein Loch, dort fliesst dann das unterirdisch vorhandene Wasser hinein", erklärt GFZ-Pressesprecher Franz Ossing. Nach etwa einer Woche steht fest, ob das 152 bis 160 Grad warme Wasser aus dem Untergrund zur geothermischen Stromerzeugung genutzt werden kann. In diesem Fall würde das Thermalwasser hochgepumpt und die Wärme im Kraftwerk in Strom umgewandelt. "Diese alternative Energiequelle ist praktisch unerschöpflich", sagt Emmermann.
Wenn das Experiment funktioniert, könnten im gesamten norddeutschen Becken zwischen Polen und Holland Erdwärme-Kraftwerke gebaut werden; auch wenn dort weder aktive Vulkane noch Geysire schon auf den ersten Blick von hohen Temperaturen unter der Erde zeugen. Im Gegensatz zu Ländern mit aktivem Vulkanismus muss in Deutschland sehr tief gebohrt werden, um auf ausreichend hohe Temperaturen zu stossen.
Parallel zu den Forschungen in Brandenburg startet in diesem Jahr in Mecklenburg-Vorpommern ein Geothermie-Pilotprojekt: In Neustadt- Glewe soll vom Herbst an bundesweit erstmals ein Erdwärme- Heizkraftwerk die Kunden auch mit Strom versorgen. "Es wird getestet, ob der Strom auch mit 100 Grad warmem Wasser erzeugt werden kann", erklärt Emmermann. Ein weiteres geothermisches Heizkraftwerk gibt es bereits an der deutsch-französischen Grenze, im besonders warmen Oberrheingraben.
Eine technische Voraussetzung für die alternative Energie ist im Osten Deutschlands besonders gut: Tausende bereits vorhandene Bohrungen könnten dort für die neuen Kraftwerke genutzt werden. "Es gibt kein Gebiet, das dichter mit Bohrungen besiedelt ist als die ehemalige DDR", berichtet der Potsdamer Professor. Allerdings müssten einige andere Hürden noch überwunden werden: "Die Vergütungssätze für Geothermie-Strom bieten noch keine Anreize für Investoren. Und die Investitionskosten für Erdwärmekraftwerke sind sehr hoch", sagt Rolf Schulz-Roloff aus dem brandenburgischen Wirtschaftsministerium.
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