Ex-EnBW-Chef will im Prozess um WM-Tickets keinen "Deal"
Stand: 31.10.2007
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox | dpa
Stuttgart (dpa) - Der frühere Chef des Energiekonzerns EnBW, Utz Claassen, will sich im bevorstehenden Korruptionsprozess wegen WM- Einladungen an mehrere Politiker nicht auf einen "Deal" mit der Staatsanwaltschaft einlassen. Das machten seine Anwälte am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Stuttgart deutlich. Claassen habe schon im Vorfeld ein Angebot der Staatsanwaltschaft zur Einstellung des Prozesses gegen Geldauflage abgelehnt und werde sich auch im Prozess auf keine Absprache zur Beendigung des Verfahrens einlassen. "Die Verteidigung ist sich vollkommen sicher, dass die Anklage sowohl sachlich als auch rechtlich in keiner Weise begründet ist", erklärten die drei Anwälte Klaus Menge, Steffen Stern und Götz von Fromberg.
Am kommenden Dienstag (6.11.) beginnt vor dem Landgericht Karlsruhe der Prozess gegen Claassen wegen Vorteilsgewährung in sieben Fällen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Ex-EnBW-Chef vor, mit der Weihnachtspost 2005 an sechs Mitglieder der Landesregierung - darunter Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) - sowie an Matthias Machnig (SPD), Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Gutscheine für WM-Tickets im Wert von rund 2100 beziehungsweise 2600 Euro verschickt zu haben. Das Landgericht wollte das Verfahren nur wegen der Machnig-Einladung eröffnen, muss nun aber auf Geheiß des Oberlandesgerichts Karlsruhe aus formalen Gründen über den Gesamtkomplex verhandeln.
Die Verteidiger sehen die Vorwürfe als haltlos an. EnBW sei für die Fußballweltmeisterschaft 2006 offizieller Partner der Landes- wie auch der Bundesregierung gewesen, erläuterte Menge. Deshalb seien die Einladungen ein "protokollarisches Gebot der Höflichkeit" gewesen. Zudem habe jeder der Eingeladenen ohnehin freien Zutritt zu den WM- Veranstaltungen gehabt, versicherte Stern. Über die vom Weltfußballverband FIFA zur Verfügung gestellten Ehrenkarten hätten sie die FIFA-Ehrenloge in Anspruch nehmen können. Schon deshalb hätten die Einladungen keinerlei Anreiz für Machnig bedeuten können.
Dagegen ist die Staatsanwaltschaft Karlsruhe nach den Worten ihres Sprechers Rainer Bogs der Meinung, dass die Empfänger der Ticketgutscheine einen "strafrechtlich relevanten Vorteil" erhalten hätten. Selbst wenn sie auch anderweitig an freie Tickets gekommen wären, würde dadurch dieser Vorteil nicht aufgehoben, erläuterte Bogs am Dienstag in Karlsruhe.
Beim Ticketgutschein für Machnig handelt ist sich nach Darstellung der Anwälte lediglich um einen Fehler der EnBW-Protokollabteilung. Claassen selbst habe die Einladung nicht angeordnet und hätte sie auch nicht geduldet, sagte Menge. Er habe Machnig lediglich - wie 700 anderen Persönlichkeiten auf seiner VIP-Liste - in einem persönlichen Schreiben Weihnachtsgrüße übermittelt.
Machnig und Pfister hatten die Einladungen angenommen; die gegen sie geführten Verfahren wurden gegen Geldauflagen von je 2500 Euro eingestellt.