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Europaweit größter Batteriespeicher entsteht in Schwerin

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Schwerin - Die großen Räder der Energiewende drehen sich noch langsam. Mit ihren Milliardenprojekten für riesige Windparks in Nord- und Ostsee, die Atomkraftwerke ersetzen sollen, kommen die Stromkonzerne nur schleppend voran. Der Ausbau der Hochspannungsnetze hinkt den Erfordernissen noch weit hinterher. Dennoch lässt sich Caspar Baumgart, Vorstand des regionalen Energieversorgers Wemag in Schwerin, nicht von seiner Überzeugung abbringen, dass die Hinwendung zu ökologischen Energiequellen wie Sonne und Wind der einzig richtige Weg ist.

Mit dem vergleichsweise kleinen Unternehmen will Baumgart mit vornweg marschieren. An diesem Dienstag beginnt die Wemag in Schwerin den Bau des nach eigenen Angaben europaweit größten kommerziellen Batteriespeichers, mit dessen Hilfe Netzschwankungen ausgeglichen werden sollen. Ein weiteres Rädchen im Getriebe der Energiewende, wie Baumgart meint. "Effektive Speicher und flexible Regelungssysteme sind Schlüsselstellen für den Erfolg", erklärt er. Denn die Ökostrom-Produktion werde immer witterungsanfällig sein.

Der vollautomatisch arbeitende Batteriespeicher mit einer Leistung von fünf Megawatt soll Schwankungen im Sekundenbereich ausgleichen. "Das ist wichtig für die Netzstabilität und damit für die Versorgungssicherheit", sagt Martin Huber, Vorstand im Berliner Start-up-Unternehmen Younicos. Seit sieben Jahren arbeite die Firma an der Technologie, die nun in Schwerin ihren Praxistest bestehen soll. "Große Konzerne warten bei dem Thema noch ab. Die Wemag ist mutig und beweist Weitsicht", meint Huber.

Das Bundesumweltministerium fördert das Projekt mit 1,3 Millionen Euro und finanziert damit etwa ein Fünftel der Gesamtkosten von etwa 6 Millionen Euro. Die Lithium-Ionen-Zellen liefert das koreanische Unternehmen Samsung. Jedes Megawatt an installierter Batterie ersetzt nach Younicos-Angaben das Zehnfache an sonst für die stabile Stromversorgung benötigter konventioneller Kraftwerksleistung, etwa in Gas- oder Kohlekraftwerken. Auch die sind wegen des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes umstritten - für die Bereitstellung der sogenannten Regelleistung bislang aber unverzichtbar.

Für Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) ist die Kooperation des jungen Berliner Unternehmens mit dem Regionalversorger Wemag Beleg für den Innovationswillen des Mittelstandes. "Wir brauchen solche neuen Technologien. Und die neuen Länder können, sie müssen dabei Vorreiter sein", betont er und erhält Unterstützung vom Ost-Beauftragten der Bundesregierung, Christoph Bergner (CDU). Es gehe nicht nur darum, neue Wind- und Solarparks zu bauen. Nötig seien Technologien, um Ökostrom ausreichend speichern zu können, betont Bergner.

Auch da hat die Wemag AG, die sich in Besitz von 260 Gemeinden Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs sowie der Stadtwerke-Gruppe Thüga (München) befindet, bereits Pläne, sucht aber noch einen kommunalen Partner. Mit diesem soll eine Anlage zur Produktion von Wasserstoff und Methan entstehen. Das brennbare Gas soll mit Hilfe überschüssigen Öko-Stroms aus einem Windpark mittels Elektrolyse hergestellt und dann ins Erdgas-Leitungsnetz eingespeist werden. Das würde, so Baumgart, die Stromnetze entlasten, weil das vorhandene Erdgasnetz genutzt und das Gas in Kraftwerken erst bei Bedarf wieder verstromt werden könnte.

Die Wemag entwickelte zusammen mit dem Technologie-Unternehmen Hydyne und dem Schweizer Elektrorad-Produzenten BikeTec auch einen Energiespeicher für den Privatgebrauch. Das Akku-System kann bis zu 5 Kilowattstunden selbst erzeugten Strom aufnehmen. In Verbindung mit einer Photovoltaikanlage kann nach Unternehmensangaben so mehr als die Hälfte des Strombedarfs eines Einfamilienhauses aus eigener Quelle gedeckt werden.

Der Innovationsdruck im Norden ist aus einem einfachen Grund größer als im Süden. In den Küstenländern dreht sich die große Mehrzahl der Windräder, die schon jetzt fast ein Zehntel des deutschen Stroms produzieren. Mit den geplanten Offshore-Anlagen auf See steigt die Windstrommenge nochmals enorm an, ohne dass auch schon  sichergestellt ist, dass die Energie auch bei Großverbrauchern in Süd und West ankommt. Auch deshalb drehen kleine Firmen wie die Wemag mit am Rad der Energiewende.