Europas Strategien für den Energiemarkt - Hintergrund
Stand: 03.02.2011
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Brüssel - Das Thema Energie beschäftigt die Europäische Union zurzeit sehr: Ob es nun um die Förderung von Ökoenergie, einen gemeinsamen Markt für Strom und Gas oder die Sicherheit von Gasexporten aus dem Osten geht - der Gesprächsbedarf ist groß. Am Freitag treffen sich die Staats- und Regierungschefs in Brüssel, um über die offenen Fragen einer Energiestrategie für die nächsten Jahre zu beraten.
Energiebinnenmarkt
Die EU hat es sich zum Ziel gesetzt, dass Strom- und Gasversorger nicht mehr nur national, sondern EU-weit miteinander konkurrieren. Verbraucher sollen durch diesen Wettbewerb die freie Wahl zwischen den verschiedenen Anbietern sowie Energie zu niedrigen Preisen bekommen. Für die Unternehmen will die EU einen großen Markt schaffen, der auch kleinen Ökostromversorgern die Möglichkeit bietet, neben den Großkonzernen zu bestehen. Entsprechende Regelungen müssen die 27 EU-Staaten bis März 2011 umsetzen. Doch noch sind die nationalen Energiemärkte voneinander abgeschottet und der Wettbewerb blockiert. Die EU-Staaten wollen nun bis 2014 einen europäischen Energiebinnenmarkt vollenden und so auch für mehr Versorgungssicherheit sorgen.
Der Netzausbau und seine Kosten
Die EU steht vor einer großen Aufgabe: Sie will und muss das europäische Energienetz ausbauen. Das ist nötig, damit Ökotromanbieter beispielsweise Windkraft von der Nordseeküste ins Allgäu liefern können und die erneuerbaren Energien wettbewerbsfähig werden. Doch es braucht auch für einen europäischen Binnenmarkt grenzübergreifende Leitungen sowie Schaltstellen und Speicher. Bis 2015 soll kein Land mehr für sich als "Insel" innerhalb eines vernetzten Marktes verbleiben. Doch der Netzausbau kostet viel Geld: Die EU-Kommission geht davon aus, dass bis 2020 allein in Energietransportnetze 200 Milliarden Euro investiert werden müssen und die Unternehmen nur etwa die Hälfte davon aufbringen. Offen ist bislang, wo der Rest des Geldes herkommen soll.
Energieeffizienz
Bis 2020 will die EU durch eine bessere Nutzung von Energie ihren Verbrauch um 20 Prozent verringern. Das würde einerseits die Umwelt schonen, andererseits den Bedarf nach Gas oder Öl von außerhalb der EU reduzieren. Doch hier hinken die EU-Staaten hinterher: Wenn sie nicht mehr für eine bessere Nutzung von Energie in Gebäuden, beim Transport und in der Industrie tun, verfehlen sie das gesetzte Ziel.
Förderung der Ökoenergie
Die EU-Staaten wollen bis 2020 einen Anteil der erneuerbaren Energien von 20 Prozent am gesamten Energieverbrauch sowie von zehn Prozent im Transportsektor erreichen. Doch EU-Kommission und EU-Staaten sind uneins über den besten Weg, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu fördern. EU-Energiekommissar Günther Oettinger will die Förderung EU-weit angleichen und besser abstimmen: Es seien Milliarden-Einsparungen möglich, wenn Windkraft da gefördert werde, "wo der Wind bläst". In Deutschland fürchten Umweltministerium und Ökostrombranche, dass Oettingers Pläne zu einer Abschaffung des deutschen Modells führen. Dieses gilt international als beispielhaft; es hat zu zahlreichen Jobs und einem Boom bei der Solarenergie beigetragen.
Energieaußenpolitik
Besonders Gas beziehen die EU-Staaten von Ländern außerhalb der Europäischen Union. Streits zwischen Versorger- und Transitländern wie etwa Russland und der Ukraine riefen in der Vergangenheit immer wieder Sorgen um die Zuverlässigkeit dieser Lieferungen hervor. Daher sollen mehrere zusätzliche Leitungen wie die Nabucco-Pipeline in Zukunft Mittel- und Westeuropa mit Gas aus dem Osten beliefern. Auf dem Gipfel soll diskutiert werden, dass die EU-Kommission künftig bilaterale Energievereinbarungen der EU-Länder mit anderen Staaten zur besseren Abstimmung der gemeinsamen Energiepolitik registriert. Mit wichtigen Ländern im Energiebereich wie Russland sollen außerdem Partnerschaften geschlossen worden.
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