EU-Ziel: 15 Prozent weniger Energieverbrauch bis 2020
Stand: 15.06.2012
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Straßburg - Das Ergebnis hätte ambitionierter ausfallen können: Die EU-Staaten haben sich darauf geeinigt, bis 2020 15 Prozent Energie einzusparen. Das Parlament hatte eigentlich 20 Prozent gefordert. Die Verhandlungen waren zäh.
Die Staaten der Europäischen Union wollen in den Jahren bis 2020 mindestens 15 Prozent weniger Energie verbrauchen. Nach monatelangen zähen Verhandlungen einigten sich Vertreter der Regierungen und des Europaparlaments in der Nacht zum Donnerstag auf diesen Kompromiss. Er bleibt allerdings hinter den Forderungen des Parlaments zurück, das bis 2020 mindestens 20 Prozent Energie einsparen wollte.
Verbindlicher Rechtsrahmen zum Energiesparen
Die neue Richtlinie schaffe endlich einen "verbindlichen Rechtsrahmen", erklärte der Berichterstatter des Parlaments, der luxemburgische Grüne Claude Turmes, am Donnerstag. Die EU-Staaten werden zu Maßnahmen verpflichtet, die den Energieverbrauch jährlich um 1,5 Prozent reduzieren. Zugrunde gelegt wird dabei ein Szenario für den Energieverbrauch ohne zusätzliche Maßnahmen. Zu den Maßnahmen können etwa steuerliche Anreise zu Wärmedämmung an Gebäuden gehören oder auch der vermehrte Einsatz von sparsamen Autos oder Motoren in Industrieanlagen.
Abstriche wurden vor allem bei den geplanten Zielen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden gemacht. Der deutsche EU-Kommissar für Energiepolitik, Günther Oettinger, und das Europaparlament wollten die EU-Staaten verpflichten, alle öffentlichen Gebäude durch Renovierungen - etwa Wärmedämmung - umweltfreundlicher zu machen. Dies stieß im Ministerrat auf Widerstand.
Öffentliche Gebäude nicht berücksichtigt
Der Kompromiss sieht nun vor, dass nur Regierungsgebäude nachgebessert werden müssen, nicht aber Gebäude von Regionen oder Kommunen. "Damit fallen gut 90 Prozent der öffentlichen Gebäude aus der Richtlinie heraus", bedauerte Turmes. Massive Kritik übte er an Deutschland und Großbritannien. Berlin habe eine ehrgeizigere Einigung verhindert. Großbritannien habe dies benutzt, um für sich Ausnahmeregelungen durchzusetzen. "Die Briten haben die EU regelrecht erpresst".
Auch der CDU-Abgeordnete Peter Liese bedauerte die "sehr defensive" Haltung der Bundesregierung. Sie habe zu einer Abschwächung der Vorschläge von Kommission und Europaparlament geführt. Der nach mehrstündigen nächtlichen Verhandlungen erzielte Kompromiss sei das "bestmögliche Ergebnis" gewesen, meinte die dänische Sozialistin Britta Thomsen.
BDI ist enttäuscht
Der CDU-Abgeordnete Markus Pieper sprach von einem "Meilenstein" auf dem Weg zur Einsparung von Energie. Investoren und Unternehmen hätten nun endlich Planungssicherheit. Zugleich gewähre die Richtlinie den EU-Staaten "genügend Flexibilität" für individuelle Maßnahmen vor Ort.
Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) äußerte sich "tief enttäuscht". Absolute Verbrauchsgrenzen "bringen uns keinen Schritt weiter", erklärte Hauptgeschäftsführer Markus Kerber. Gerade Länder wie Deutschland, die bereits über einen hohen Energieeffizienzstandard verfügten, würden benachteiligt.
Frühere Einsparungen geltend machen?
Besonders umstritten war bis zuletzt, inwieweit Einsparungen angerechnet werden, die schon vor dem Gesetz erreicht wurden. Vor allem Deutschland wollte eine starke Berücksichtigung bereits getroffener Maßnahmen. Berlin argumentierte, die deutsche Industrie habe bereits vergleichsweise große Fortschritte beim Energiesparen gemacht hat. Daher seien weitere Einsparungen schwieriger als anderswo.
Der Richtlinienentwurf muss nun noch vom Plenum des Europaparlaments verabschiedet und vom Ministerrat formell abgesegnet werden, was im Herbst geschehen soll. Anschließend haben die EU-Staaten 18 Monate Zeit, um die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen.