EU unterbricht Emissionshandel wegen Hacker-Angriff
Stand: 20.01.2011
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Brüssel - Aufgrund eines Hacker-Angriffs wurde das europäische System für den Handel mit Emissionsscheinen von der EU-Kommission ausgesetzt. Die Sperre soll mindestens bis zum 26. Januar dauern, wie die EU-Behörde am Donnerstag in Brüssel mitteilte.
Emissionsscheine sind ein marktwirtschaftliches Instrument, mit dem der Gesamtausstoßes von klimaschädlichen Treibhausgasen reguliert wird. Wer die Umwelt mit höheren Emissionen belastet als erlaubt, muss erst solche Berechtigungsscheine erwerben.
Eine Kommissions-Sprecherin berichtete, Hacker seien in mehrere nationale Computersysteme eingedrungen. Sie hätten Verschmutzungsrechte gestohlen und dann weiterverkauft. Für die Sicherheit der Systeme seien die Mitgliedstaaten verantwortlich. Das System an sich sei nicht bedroht.
In den vergangenen Tagen waren fünf Staaten betroffen: Österreich, Tschechien, Griechenland, Polen und Estland. Insgesamt hätten etwa 14 EU-Staaten Sicherheitsprobleme - wie es hieß, gehört Deutschland nicht dazu. Eine vollständige Liste der Staaten war auch auf Nachfrage nicht erhalten: "Wir helfen sonst den Betrügern", sagte ein Beamter.
Die Aufdeckung der Affäre nahm offensichtlich in Deutschland ihren Anfang, hieß es ergänzend aus EU-Kreisen. Das deutsche Register sei vor einigen Wochen "in ähnlicher Weise" attackiert worden, danach seien entsprechende Sicherheitsmaßnahmen ergriffen worden. Details waren nicht zu erfahren.
Schon im vergangenen Jahr war ein betrügerischer Handel mit CO2-Emissionsrechten über Ländergrenzen aufgeflogen. Damit war Umsatzsteuer in Millionenhöhe hinterzogen worden.
Seit dem Wochenende wurden dem Vernehmen nach zwei Millionen Emissions-Zertifikate von Firmen-Konten gestohlen. Diese Rechte haben einen Marktwert von rund 28 Millionen Euro. "Das ist nur ein kleiner Teil des Markts", sagte ein Experte. Er bezifferte den Anteil der Diebstähle auf 0,02 Prozent aller Emissionsscheine.
Nicht betroffen von der Marktsperre ist der Handel von Scheinen, bei denen die Transaktion zu einem späteren Zeitpunkt abgewickelt wird("futures"). Dieser Teil macht rund vier Fünftel des Handels aus.
Der Handel mit Verschmutzungsrechten in der EU läuft seit 2005. Von 2013 an soll das System EU-weit und zentral von Brüssel aus geregelt werden. Unternehmen oder Branchen, die mehr CO2 ausstoßen als zugeteilt, kaufen anderen Firmen, die sauberer produzieren, die Verschmutzungsrechte ab.
Nachrichten zum Thema
- E.ON-Chef: Emissionshandel muss gestärkt werden
- USA planen neue Emissions-Regeln für Kraftwerke
- Deutsche CO2-Emissionen wegen Wirtschaftsboom gestiegen
- China will System für Emissionshandel einführen
- Emissionsrechte-Betrug: Umweltbundesamt drohen Klagen
- Europäische Energiebörse versteigert zum ersten Mal CO2-Emissionsrechte