EU-Streit verschärft sich durch E.ONs Stromnetz-Verkauf
Stand: 29.02.2008
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Düsseldorf/Brüssel (dpa) - Der Energie-Konzern E.ON beugt sich dem Druck der EU-Kommission und stellt sein Strom-Übertragungsnetz zum Verkauf. Damit sollen alle Kartell-Auseinandersetzungen mit der Kommission im Strombereich beendet werden, wie E.ON am Donnerstag mitteilte. Die Kommission, die für mehr Wettbewerb eine Trennung von Stromerzeugung und Netz fordert, begrüßte die Ankündigung. Der E.ON-Vorstoß verschärfte zugleich den Streit zwischen den Mitgliedsländern über den richtigen Weg für mehr Wettbewerb auf den Strom- und Gasmärkten. Der Plan widerspricht den Bemühungen der Bundesregierung, die gegen die Brüsseler Entflechtungspläne kämpft.
Das offensichtlich mit EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes abgestimmte Vorgehen des Düsseldorfer Konzerns unterläuft die Strategie Deutschlands und sieben anderer EU-Staaten, die Vorschläge der Brüsseler Behörde zur strikten eigentumsrechtlichen Trennung von Netz und Produktion abzumildern. Entsprechend gab es am Donnerstag Streit bei den Beratungen der EU-Energieminister in Brüssel. "Es war emotional lebendiger, als ich es gewohnt bin", sagte der Staatssekretär Peter Hintze (CDU), der Deutschland bei dem Treffen vertrat.
Die Diskussionen über die mögliche Zerschlagung großer Energiekonzerne sollen bis zum Sommer zu einer Lösung führen. Der slowenische Wirtschaftsminister und Ratspräsident Andrej Vizjak forderte die Staaten auf, bis zum nächsten Energierat im Juni einen Kompromiss zu finden. In dem Alternativplan soll es den Mitgliedstaaten überlassen werden, ob sie eine volle eigentumsrechtliche Aufspaltung der Konzerne wollen oder eine weniger weitgehende Trennung mit stärkerer Regulierung.
EU-Energiekommissar Andris Piebalgs hatte zuvor signalisiert, über den Vorschlag diskutieren zu wollen. Es müsse jedoch Garantien für Investitionen und die Unabhängigkeit der Netze geben, sagte er. Deutschland wies diese Einschränkungen zurück.
Die deutsche Strombranche zeigte sich angesichts des E.ON-Vorstoßes gespalten. Bei Vattenfall, einem der vier großen deutschen Versorger, wird ein Verkauf des Hochspannungsnetzes geprüft, bei RWE und EnBW abgelehnt.
Die Fernübertragungsnetze der Stromversorger in Deutschland umfassen zusammen knapp 35 200 Kilometer, auf E.ON entfallen nach Angaben des Unternehmens davon rund 10 600 Kilometer. Daneben gibt es örtliche Verteilernetze.
Die Kommission teilte mit, die E.ON-Verpflichtungen sollen nun auf die Auswirkungen auf den Energiemarkt überprüft werden. Nach dem Markttest könne es eine feste Vereinbarung geben. Die Vorschläge von E.ON könnten den Energiesektor in Deutschland verändern und den Wettbewerb zugunsten von Verbrauchern und industriellen Kunden ankurbeln.
In einem nicht damit zusammenhängenden Fall hatte die EU-Kommission im vergangenen Jahr ein Kartellverfahren gegen E.ON und die französische Gasgesellschaft GdF wegen angeblicher Aufteilung von Gasmärkten eingeleitet.
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) wandte sich erneut gegen die von der EU-Kommission für mehr Wettbewerb verlangte eigentumsrechtliche Aufspaltung. "Etwas anderes ist es, wenn einzelne Konzerne sich entscheiden, Teile zu verkaufen", sagte er bei der Handwerksmesse in München.
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete am Donnerstag, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei über das Vorhaben von E.ON angesichts des deutschen Widerstandes auf der EU-Bühne verärgert gewesen. Ein Bericht der Zeitung in der Freitagausgabe, wonach E.ON- Chef Wulf Bernotat zu einem Krisengipfel eingeladen worden sei, wurde in Berlin jedoch dementiert.