EU-Kommission will mehr Kontrolle über Öl- und Gaslieferungen
Stand: 07.09.2011
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Brüssel - Die EU-Kommission fordert bei Energieabkommen der Staaten ein Mitspracherecht. Bereits vom kommenden Jahr an sollen alle 27 Mitgliedsländer zwischenstaatliche Regierungsabkommen für Gas, Öl und Elektrizität, die sie mit Staaten außerhalb der Gemeinschaft abschließen, der Behörde melden. Das sieht ein Vorschlag vor, den EU-Energiekommissar Günther Oettinger am Mittwoch in Brüssel vorstellt hat. EU-Experten könnten künftig mit am Verhandlungstisch sitzen.
Das Ziel ist ein einheitliches Auftreten der EU gegenüber Gas- und Öllieferanten wie zum Beispiel Russland. Dann werde das Spiel von Lieferländern, zu teilen und zu herrschen, "zu unseren Lasten nicht mehr möglich sein", sagte Oettinger. Die EU-Regierungen sollten Informationen über bestehende, aber auch über gerade verhandelte Abkommen liefern. Somit wären bilaterale Abkommen mit Russland, insbesondere zur umstrittenen Nordstream Gaspipeline durch die Ostsee, ebenfalls betroffen.
Damit der Entwurf Gesetz wird, müssen die Staaten, wo die Vorschläge umstritten sind, und das Europaparlament zustimmen. Mit dem Vorstoß greift die Kommission in die Autonomie der Staaten ein. Allerdings haben die EU-Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel im Februar Brüssel ausdrücklich mit der Vorlage eines Gesetzentwurfs beauftragt. "Wir kommen einem Mandat der Mitgliedsstaaten nach", betonte der EU-Kommissar. An die Adresse der Regierungen sagte er, dass bestehende Verträge natürlich gültig blieben.
Das Thema dürfte nach Einschätzung der EU-Experten an Bedeutung gewinnen. Zur Deckung ihres Energiebedarfs müssen die EU-Länder immer mehr Energie aus Drittstaaten importieren. Derzeit stammen bereits 80 Prozent Öl und 60 Prozent Gas aus Importen.
Laut Vorschlag könnte Brüssel künftig als Beobachter und Ratgeber an Verhandlungen teilnehmen und Vertragstexte daraufhin prüfen, ob sie dem EU-Recht und dem Ziel der Versorgungssicherheit entsprechen. Erst danach dürfte eine Regierung das Abkommen unterzeichnen. "Eine frühe Einbeziehung vermeidet einen späteren Reparaturbetrieb", sagte Oettinger. Bislang wurde die Kommission oft erst eingeschaltet, wenn "das Kind in den Brunnen gefallen" sei. Als positives Beispiel nannte er ein Abkommen mit Aserbaidschan und Turkmenistan über eine Gas-Pipeline, die unter EU-Ägide ausgehandelt wurde. "Beide Länder würden einzelne Mitgliedstaaten nicht akzeptieren."
Um alle Länder auf dem Laufenden zu halten, schlägt die EU-Kommission zudem vor, dass die Mitgliedsstaaten ihre EU-Nachbarn über Energieverträge informieren.
Die Grünen im Europaparlament kritisierten, die EU-Kommission habe keine Strategie gegen die steigende Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten. Für die Zukunft müsse die EU Allianzen mit anderen Energie-Importeuren wie China und Japan aufbauen und dort Ökostrom-Technologien fördern.