EU-Kommission: Spitzentreffen zur Atomsicherheit einberufen
Stand: 14.03.2011
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Brüssel - Nach den Atomunfällen in Japan will die Kommission der Europäischen Union die Sicherheitslage der europäischen Atomkraftwerke schnell auf höchster Ebene klären. Energiekommissar Günther Oettinger hat dazu die Energieminister der Mitgliedstaaten für Dienstag zu einem Treffen eingeladen. Das erklärte die Kommission am Montag. "Dabei geht es um die Frage, ob wir europaweit neue Regeln festlegen müssen", so eine Kommissionssprecherin. Eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2009 schreibt Mindestvorschriften für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen fest.
Allerdings hat die EU bei der Atomenergie nur eine koordinierende Rolle. "Es ist Sache jedes Mitgliedsstaates zu entscheiden, ob er die Atomenergie nutzt oder nicht", betonte die Sprecherin. Jeder Staat vergebe eigenständig Lizenzen für den Betrieb der Anlagen und wache über Kontrollen und Sicherheitsvorschriften für den Fall von Erdbeben.
Die Debatte über eine Laufzeitverlängerung - wie sie derzeit in Deutschland geführt wird - steht daher nicht auf der Tagesordnung des Treffens. Nach EU-Angaben setzen derzeit 14 der 27 Mitgliedsstaaten auf Kernenergie. Insgesamt stehen 143 AKWs in der EU, davon 17 in Deutschland.
EU-Frühwarnsystem ECURIE aktiviert
Bereits am Wochenende wurde das EU-Frühwarnsystem ECURIE aktiviert, das über Strahlenbelastung in der EU wacht. Laut Messungen seien die Werte bislang normal, berichtete die EU-Kommission.
Bei dem Treffen wollen sich die Minister über nationale Notfallpläne und Sicherheitsmaßnahmen austauschen. Daher nehmen auch Nuklearexperten, Aufseher für die Nuklearsicherheit und Atomkraftwerkbetreiber teil. Aus Deutschland sind Vertreter des Bundesamts für Strahlenschutz eingeladen. "Ich halte die Tragweite des Vorfalls in Japan für nicht abschließend absehbar", sagte Kommissar Oettinger in Berlin.
Im Fall eines Erdbebens gibt es nach Angaben der EU-Kommission genaue Regeln für Atomkraftwerke. So sei vorgeschrieben, dass bei einem Erdbeben der Stärke 6,5 das sichere Herunterfahren des Atommailers gewährleistet sein muss. "Die Erdbebentätigkeit ist in Europa nicht so stark wie in Japan", schrieben die EU-Experten. Für solch ein außerordentlich starkes Beben wie in Japan seien die meisten europäischen Kernkraftwerke daher nicht ausgelegt.
Stresstest für Atomkraftwerke gefordert
Im Europaparlament forderte der Vorsitzende des Umweltausschusses, Jo Leinen (SPD), einen Stresstest für Atomkraftwerke. "In dem dichtbewohnten Kontinent Europa wären die Folgen eines Sicherheitszusammenbruchs außerhalb unserer Vorstellungskraft." Zwar drohe in Europa kein Tsunami, aber es gebe andere Risiken wie etwa mögliche Terroranschläge. Auch Österreich forderte einen solchen Test.
Japan hat die EU gebeten, bis auf weiteres keine Experten, keine Ausrüstung und keine Hilfsteams mehr nach Japan zu schicken. Begründet wurde dies mit Schwierigkeiten, die Helfer in das Katastrophengebiet zu bringen, sagte ein Kommissionssprecher. Experten der EU-Behörden für Katastrophenhilfe (MIC) stünden bereit, um mögliche Hilfe in die Wege zu leiten. Bisher hätten 20 EU-Staaten Material und Personal zur Verfügung gestellt, darunter Wasseraufbereitungsanlagen, Notunterkünfte und Feldlazarette.