Brüssel/Berlin - Die Europäische Kommission hat sich deutlich für die Nutzung der Atomkraft ausgesprochen. Im Rahmen ihres zweiten Strategiepapiers zur Energiepolitik beschloss die Brüsseler Behörde am Donnerstag ein Dokument, dass Vorzüge der Kernkraft für eine klimafreundliche Stromerzeugung hervorhebt. "Atomkraft ist auch eine der wirtschaftlichsten Energiequellen", heißt es in dem Papier. Die Kommission empfahl zugleich, gemeinsame Regeln zur Sicherheit bestehender und neuer Reaktoren in der EU einzuführen.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte die Kommission deshalb vor Einbußen bei der Sicherheit von Atomkraftwerken. Die geplante Angleichung der Regeln auf europäischer Ebene diene als Grundlage für einen einfacheren Bau neuer Atomkraftwerke, erklärte Gabriel in Berlin. Die vorgeschlagenen Bestimmungen aber nicht zusätzlicher Sicherheit. "Die Anforderungen, die bislang auf dem Tisch liegen, sind so inhaltsleer, dass sie sogar von alten Atomkraftwerken sowjetischer Bauart wie dem Tschernobyl-Reaktor erfüllt werden könnten", meinte Gabriel.
Die Kommission hob hingegen hervor, die Atomkraft verbessere die
Versorgungssicherheit in Europa. Uran-Quellen seien weit um den Erdball herum verteilt, und zwar in geopolitisch stabilen Regionen. Diese Einschätzung hatten die Grünen im Europäischen Parlament schon vorab scharf kritisiert. Der Grundstoff für die
Brennstäbe europäischer Kernkraftwerke müsse zu 99 Prozent importiert werden. 30 Prozent stammten aus dem krisengeschüttelten Niger, sagte der grüne Energieexperte Claude Turmes.
Minister Gabriel bewertete die EU-Pläne zur Versorgungssicherheit grundsätzlich positiv, vor allem den vorgesehenen Zeitplan für Energiepolitik 2050. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft begrüßte den EU-Aktionsplan. "Es ist richtig, wenn die Kommission die Vision für eine CO2-freie Elektrizitätsversorgung bis 2050 unter Einschluss der Kernenergie schon heute angeht", sagte die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung, die frühere CDU- Staatsministerin im Kanzleramt, Hildegard Müller.