Rostock (dpa) - Die erste Offshore-Windkraftanlage Deutschlands wird an diesem Mittwoch rund 500 Meter vor der Kaimauer des Rostocker Überseehafens errichtet. "Noch nie ist in Deutschland eine Offshore- Anlage unter so realitätsnahen Umständen errichtet worden, unter Verhältnissen, die mit denen draußen vor der Küste absolut vergleichbar sind", sagt der Chef des Rostocker Windkraftanlagen- Herstellers Nordex, Thomas Richterich.
So waren die Bauarbeiten für das samt Rotor 125 Meter hohe
Windrad so aufwändig wie nie. Bereits im Herbst 2005 wurde im Breitling die Spundwand für das Fundament in einer Wassertiefe von rund zwei Metern gegründet. Die Standfläche für die Turbine beträgt im Durchmesser 18 Meter. Insgesamt wurden für das Fundament 550 Tonnen Sand, 500 Tonnen Beton und 100 Tonnen Stahl verbaut, alles musste per Schiff zur Baustelle transportiert werden. Die Anlage, die inklusive Errichtung vier Millionen Euro kostet, wird nach Nordex-Angaben eine Nennleistung von 2,5 Megawatt haben und kann damit pro Jahr mehr als 1800 Haushalte mit
Strom versorgen.
Die Windenergie-Branche blickt nun mit großer Hoffnung auf das riesige Windrad. "Die Anlage wird neue Erkenntnisse über die Betreibung von Küsten-Windanlagen bringen", sagt der Sprecher des Bundesverbands Windenergie, Matthias Hochstätter. Denn den Offshore- Anlagen vor der Ostsee-Küste stehe eine große Zukunft bevor. Deutschlandweit birgt die
Windkraft nach seiner Einschätzung bis zum Jahr 2015 ein Potenzial von 36 Gigawatt. Der Anteil von Offshore- Anlagen liege bei knapp 10 Gigawatt, davon der in der Ostsee bei 1,7 Gigawatt. "Damit kann mit Windkraft aus der Ostsee ein Atomkraftwerk ersetzt werden", sagt Hochstätter. Für die Ostsee zähle der weitere Vorteil, dass die Errichtung von Windanlagen auf Grund der Boden- und Meeresverhältnisse einfacher zu bewerkstelligen sei als in der Nordsee.
"Mecklenburg-Vorpommern will bei der Offshore-Technologie vorne mit dabei sein: Wir haben dafür auch gute Bedingungen", betont Wirtschaftsminister Otto Ebnet (SPD), der bei der Anlage im Breitling vom "neuen Wahrzeichen Rostocks" spricht. Und die Aussichten, dass der erste große deutsche Offshore-Windpark in der Ostsee vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns entsteht, seien gut.
Für den geplanten Windpark "Baltic I" 20 Kilometer vor der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst mit 21 Anlagen - teilweise mit Nordex-Turbinen - und einer Leistung von 54 Megawatt sei das Raumordnungsverfahren positiv abgeschlossen, sagte Ebnet. Das Genehmigungsverfahren nach dem Bundesemissionsschutzgesetz (BimschV) soll noch in diesem Frühjahr beendet werden. Auf dem Gelände der zweiten geplanten Anlage vor Mecklenburg-Vorpommerns Küste, "Kriegers Flak", werde noch 2006 eine Messplattform errichtet.
Für die Gegner von "Baltic I" ist der Bau der Demonstrationsanlage im Breitling kein Grund, den Widerstand nun aufzugeben. "Wir setzen ganz auf das BimschV-Verfahren", sagt Sprecher der Bürgerinitiative Don Quichotte, Hans-Joachim Schumann. Die Argumente der Gegner beim Anhörungstermin seien "derartig massiv" gewesen, dass selbst Windkraftbefürworter diese nicht einfach beiseite schieben könnten.
Hauptargument der Gegner sind die ihrer Ansicht nach nicht absehbaren Folgen für die Vogelzüge. Auf der Halbinsel legen die Tiere Ruhepausen auf ihren mehrere tausend Kilometer langen Wegen in die Winterquartiere beziehungsweise Brutgebiete ein. "Wenn der Vogelzug wegbricht, bricht auch der Tourismus weg", warnte Schumann. Weiter sei bekannt, dass Schiffe trotz Verbotes die viel befahrene Kadetrinne verlassen und weiter südlich in gefährliche Nähe der geplanten Anlage kommen. Bei einer Havarie von einem der vielen Öltanker wären die Schäden für die Natur unvorstellbar groß, befürchtet Schumann.