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Erdwärme im Oberrheingraben: Strom aus der Tiefe

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa-AFX

Soultz-Sous-Forêts - Auf der französischen Seite des Oberrheingrabens geht der Aufbau von Erdwärme-Kraftwerken voran, auf deutscher Seite stockt es. Erdstöße werden gefürchtet.

Silberne Röhren, ein paar rote Pumpen und eine kleine tarnfarben gestrichene Halle - das ist das deutsch-französische Tiefen-Geothermiewerk Soultz-sous-Forêts, das nach 30 Jahren im Forschungsbetrieb nun kommerziell Strom produziert. Das Areal, versteckt zwischen Hügeln und Maisfeldern im elsässischen Nirgendwo, ist nur halb so groß wie ein Fußballfeld.

Die Franzosen betreiben im Oberrheingraben bereits ein Geothermie-Kraftwerk bei Rittershofen, zwei weitere sind im Aufbau. Die geologischen Verhältnisse in der Region eignen sich besonders gut für die Strom- und Wärmeproduktion mithilfe von Erdwärme.

Große Bedenken in Deutschland

Auf der deutschen Seite des Rheins stockt der Ausbau dennoch. Bislang gibt es drei Kraftwerke: Während die Produktion in Insheim läuft, ist die Zukunft von Bruchsal ungewiss, und in Bruchsal wird die kommerzielle Nutzung gerade erst getestet. In Neuried hat eine Bürgerinitiative die Planung eines vierten Kraftwerks gestoppt.

"Das ist eine Technologie, die manchmal sehr gehypt wird", sagt Forschungsleiter Wolfram Münch vom Versorger EnBW, der das Kraftwerk in Soultz mitbetreibt. "Ist ja auch toll, man sieht nur so ein paar Röhren, und da kommt Strom und Wärme raus - und das ganzjährig." Der sichere Betrieb eines solchen Kraftwerks sei aber nicht so einfach.

Auf dem Gelände des Kraftwerks in Soultz herrscht Helmpflicht. Eine gelbe Linie auf dem Boden markiert, ab wo es gefährlich werden könnte, weil mit Gasen gearbeitet wird, die explodieren könnten. Die eigentliche Gefahr aber ist eine andere: Erdstöße.

Erdstöße können Zerstörungen anrichten

Um sich die Erdwärme zunutze machen zu können, muss gebohrt werden - in Soultz reichen die Löcher bis zu 5000 Meter tief. Dort herrschen Temperaturen zwischen 150 und 200 Grad. Wasser, das sich im Erdinneren erwärmt hat, wird nach oben gefördert, für die Wärme- oder Stromproduktion genutzt und schließlich wieder in den Untergrund geleitet. Übt man dabei zu hohen Druck aus, können sich Gesteinsschichten so verschieben, dass es zu Erdstößen kommt.

Passiert ist das etwa 2009 im pfälzischen Landau. Durch das Haus von Werner Müller ziehen sich seitdem Risse. Zerrissen hat es auch eine Straße in dem französischen Dorf Lochwiller. Der Asphalt ist derart aufgeplatzt, dass die Straße dauerhaft gesperrt werden musste.

Schuld war hier kein Kraftwerk. Eine Familie wollte ihre Heizung auf Erdwärme umstellen, gebohrt wurde dafür nur 140 Meter tief. Ähnliches passierte im badischen Staufen. Problematisch werden solche bodennahen Bohrungen, wenn Grundwasser auf bestimmte Schichten im Untergrund trifft, die aufquellen, wenn sie nass werden.

"In ganz vielen Fällen passiert nichts, aber wenn mal etwas passiert, dann richtig", sagt EnBW-Forschungsleiter Münch. Medienberichte erweckten dann den falschen Eindruck, "als würde jede Bohrung zur Vernichtung von Kulturgut führen".

Bürgerproteste haben sich formiert

Auf deutscher Seite haben sich einige Bürgerinitiativen gegen die Tiefengeothermie zusammengeschlossen. Im Elsass ist vor allem in Lochwiller Protest zu spüren. Dort flattern Banner an den Häusern: "Erbaut 1617, zerstört 201...?" hängt an einem großen Fachwerkhaus.

Der Slogan der Geothermie-Gegner: "Lochwiller hebt sich". In Soultz stört sich dagegen niemand an dem Kraftwerk oben auf dem Hügel. Ein kleines Beben 2003 hat der Ort ohne große Aufregung überstanden.

Münch vermutet, dass das auch daran liegt, "dass man im Elsass schon im 18. Jahrhundert nach Öl gebohrt hat". Und tatsächlich: Zwischen den Maisfeldern blitzen immer wieder mannshohe silberne Pyramiden hervor - darunter alte Pumpen, Überbleibsel stillgelegter Bohrungen.

Außerdem habe man die Menschen auf französischer Seite besser einbezogen, sagt der Präsident des Bundesverbands Geothermie, Erwin Knapek. In Landau sei die Kommunikation dagegen "eine Katastrophe" gewesen. "Man hat die Bevölkerung überhaupt nicht aufgeklärt. Und hat dann noch lange gesagt: Das waren wir nicht." Werner Müller kämpft noch immer für eine Anerkennung der Schäden an seinem Haus.

Franzosen als Wegbereiter

Im Oberrheingraben müssten deshalb jetzt eben die Franzosen zeigen, dass Geothermie auch hier ohne große Gefahr möglich sei, meint Knapek: "Da kann man dann auf der deutschen Seite nicht sagen: Das geht nicht. So unterschiedlich ist die Geologie nicht."

Wirklich gebremst wird die Geothermie aus Sicht Münchs von etwas anderem: dem Investitionsrisiko. Man wisse sehr wenig über das, "was da unten so los ist". Wenn man eine heiße Quelle finde, dann habe man gewonnen. Das sei aber nur in fünf Prozent der Fälle so. Knapek: "Den Weltraum haben wir viel besser erforscht als unseren Untergrund."