E.ON prüft massiven Stellenabbau
Stand: 10.08.2011
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Düsseldorf - Der Energieriese E.ON reagiert mit einem drastischen Stellenabbau auf den Atomausstieg. Bis zu 11.000 Arbeitsplätze sind in Gefahr, auch betriebsbedingte Kündigungen sind nicht auszuschließen. Die Rücknahme der Laufzeitverlängerung, Probleme mit ungünstigen Gaslieferverträgen sowie niedrigere Stromerlöse drückten das bereinigte Ergebnis im zweiten Quartal zum ersten Mal in der gut zehnjährigen Unternehmensgeschichte in die Verlustzone.
Der Einbruch fiel noch stärker aus als von Marktbeobachtern erwartet wurde. E.ON senkt seine Prognose für das laufende Jahr und kürzt die Dividende. Der Konzern geht damit noch rigoroser vor als Wettbewerber RWE.
Die Belastungen durch das Atom-Aus inklusive Brennstoffsteuer lagen im ersten Halbjahr bei 1,9 Milliarden Euro, teilte das Düsseldorfer Unternehmen am Mittwoch mit. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (adjusted EBITDA) ging um 45 Prozent auf 4,33 Milliarden Euro zurück. Der unter anderem um Bewertungseffekte bereinigte Überschuss sank gar um mehr als zwei Drittel auf 933 Millionen Euro. Für das laufende Jahr veranschlagt der Konzern nun ein bereinigtes EBITDA von 9,1 bis 9,8 Milliarden Euro - 2010 waren es noch 13,35 Milliarden Euro. Bisher war E.ON von bis zu 11,4 Milliarden Euro ausgegangen - dies aber unter der Annahme, dass die während des Atom-Moratoriums ruhenden Kraftwerke wieder ans Netz dürften.
E.ON besonders betroffen
Der bereinigte Überschuss soll nach der neuen Einschätzung auf 2,1 bis 2,6 Milliarden Euro sinken und damit höchstens auf die Hälfte des Vorjahres (bisher erwartet: 3,0 bis 3,7 Milliarden Euro). 2013 soll es langsam wieder aufwärts gehen. Aber selbst in vier Jahren traut sich E.ON nach heutiger Einschätzung erst wieder zwei Drittel des Gewinns vom letzten Jahr zu. An der Börse zeigten sich die Anleger enttäuscht. Die Aktie notierte im Vormittagshandel zwar leicht im Plus, Grund dafür war aber der sich deutlich erholende Gesamtmarkt.
Auch bei der Dividende gibt es einen Schnitt. Sie soll 2011 bei 1,00 Euro liegen. Bisher hatte der Versorger eine Mindestdividende von 1,30 Euro versprochen. Grundsätzlich will E.ON aber auch künftig 50 bis 60 Prozent seines bereinigten Gewinns ausschütten. Der Konzern ist als bisher größter deutscher Atomstromproduzent besonders betroffen von der Ausstiegsentscheidung. E.ON darf die Meiler Isar I und Philippsburg I nicht wieder ans Netz nehmen, an den Kraftwerken Brunsbüttel und Krümmel des Versorgers Vattenfall ist das Unternehmen ebenfalls beteiligt. An seinem Ziel, künftig ein Viertel des Gewinns außerhalb von Europa zu erwirtschaften, hält E.ON weiter fest.
Betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen
Zusätzlichen Einsparungen von 1,5 Milliarden Euro sollen nach derzeitigen Berechnungen zur Hälfte auf Sachkosten entfallen, der Rest muss mit Stellenabbau erzielt werden. Betriebsbedingte Kündigungen sind nicht auszuschließen, hieß es. Entscheidungen würden erst im Herbst im Aufsichtsrat fallen. Der Abbau soll aber nach Möglichkeit sozialverträglich erfolgen, bestehende Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung sollen jedoch eingehalten werden.
E.ON hat weltweit rund 85.000 Mitarbeiter. Somit könnte mehr als jeder zehnte Arbeitsplatz dem Rotstift zum Opfer fallen. Auch Deutschland dürfte betroffen sein. "In den letzten Jahren ist es trotz zahlreicher Anstrengungen nicht gelungen, unsere Verwaltung zu vereinfachen", erklärte Konzernchef Johannes Teyssen in einer Mitteilung des Konzerns. E.ON müsse aber einfachere, transparentere und weniger kostenintensive Strukturen schaffen, wenn der Konzern künftig am Markt bestehen wolle. "Wir können uns, nicht nur, aber vor allem in Deutschland keine unnötigen Führungsebenen, Abläufe und Doppelarbeit leisten", sagte Teyssen weiter.
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