EnWG-Novelle: bne fordert Trennung von Netz und Vertrieb
Stand: 09.06.2011
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Berlin - Wenn Betreiber von Übertragungsnetzen unabhängig von verbundenen Vertrieben arbeiten, funktioniert der Netzanschluss von erneuerbaren Erzeugern fast reibungslos. Das ist die Kernaussage der Energie-Experten, die am 8. Juni in einer Anhörung des Bundestagsumweltausschusses in Berlin gehört wurden. Der Bundesverband Neuer Energieanbieter e.V. (bne) sieht sich in seiner Einschätzung bestätigt, dass die Energiemärkte nur dann reibungslos funktionieren können, wenn Netz und Vertrieb strikt getrennt werden - und zwar auch und insbesondere auf Verteilnetzebene.
Ungute Verflechtungen aller Art
„Was auf Übertragungsnetzebene vollkommen unbestritten ist, wird auf Verteilnetzebene schlicht ignoriert“, betont bne-Geschäftsführer Robert Busch. Und so herrschen auf der Ebene regionaler und lokaler Netze ungute Verflechtungen aller Art. Neutraler Netzbetrieb ist oftmals ein Fremdwort für Verteilnetzbetreiber. „Statt dem Beispiel der Übertragungsebene zu folgen und die Netze separat und damit so neutral wie möglich zu betreiben, leistet sich Deutschland jene europaweit einzigartigen Ausnahmeregelungen, die über 90 Prozent der Verteilnetze von den gesetzlichen Regelungen zur rechtlichen und operationellen Trennung von Netz und Vertrieb ausnimmt“, erläutert der bne-Geschäftsführer. Diese sogenannte De-minimis-Regel im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) habe oft groteske Auswirkungen - die mit funktionierendem Wettbewerb und zukunftsfähigem Energiemarkt nichts mehr zu tun haben.
Fehlende Trennung führt zu Absurditäten
„Unsere Mitgliedsunternehmen berichten von Fällen, in denen sie Verteilnetzbetreiber anschreiben - die Antwort allerdings vom verbundenen Vertrieb erhalten“, sagt Busch. „In zahlreichen anderen Fällen beherrschen Verteilnetzbetreiber schlicht die von der Bundesnetzagentur seit Jahren vorgeschriebenen digitalen Wechselprozesse (GPKE und GeLi) nicht - und behindern durch die Versendung von handgefertigten Excel-Tabellen den reibungslosen Anbieterwechsel“, berichtet Busch. Das komme unmittelbar dem mit dem Netz verbundenen Vertrieb zu Gute, der die Kunden auf diese Art länger behalte. Auch bei der Auslegung der Konzessionsabgabenverordnung führt die fehlende Trennung von Netz und Vertrieb zu Absurditäten: Im Gasbereich begründen zahlreiche Verteilnetzbetreiber die Abrechnung der Höchstsätze - statt der eigentlich angebrachten Sondervertragskundenabgabe - mit Interessen des weder rechtlich noch operationell getrennten Vertriebes.
Ausnahmeregelung muss abgeschafft werden
"Die De-minimis-Regel ist ein Anachronismus aus der Frühzeit der Liberalisierung", sagt der bne-Geschäftsführer. "Sie ist zutiefst unfair - und zwar nicht nur gegenüber Neuen Anbietern und Kunden. Die Ausnahmeregelung ist auch unfair gegenüber größeren Stadtwerken, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und Transparenz durch Unbundling vorleben. Der bne appelliert deshalb an die Mitglieder des Bundestages, denen der Entwurf eines neues Energiewirtschaftsgesetzes heute in erster Lesung vorliegt: "Schaffen Sie Klarheit und Rechtssicherheit. Schaffen Sie die systemfremde Ausnahmeregelung für die Verteilnetze endlich ab!"
Nachrichten zum Thema
- Verbände: Verteilnetze müssen effizient und transparent werden
- Bundesnetzagentur: Energiewende nur mit Netzausbau erfolgreich
- Umfrage: Netzbetreiber behindern Wettbewerb
- Urteil: Windenergie muss auf kürzestem Weg ins Netz
- Deutsche zahlen höchste Netzentgelte in Westeuropa
- Bundesnetzagentur will schnelleren Ausbau der Stromnetze