Entlassener EnBW-Reaktorchef hatte Sicherheitsfragen massiv kritisiert
Stand: 29.11.2004
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Stuttgart (dpa/lsw) - Der im Atomkraftwerk Neckarwestheim entlassene Reaktorchef soll nach einem Bericht der "Stuttgarter Zeitung" (Montag) zuvor massive Kritik an der Sicherheit der Kernkraftwerke geübt haben. Das belegten interne Dokumente. Bisher habe das Stuttgarter Umweltministerium stets behauptet, Sicherheitsfragen hätten keine Rolle gespielt.
Tatsächlich habe der Atommanager massive Kritik an der Sicherheit der EnBW-Kernkraftwerke geübt, so die Zeitung. Dies hätten Teilnehmer einer Besprechung mit EnBW-Chef Utz Claassen ausgesagt, bei der es zum Eklat gekommen sein soll. Die geheimen Protokolle der Befragung durch das Umweltministerium liegen der Zeitung vor.
In seinem Vortrag vor Claassen und anderen Managern habe der damalige Reaktorchef demnach beklagt, man habe nichts aus den schweren Sicherheitsverstössen 2001 im Kernkraftwerk Philippsburg gelernt. Dies würden neue Pannen zeigen, bei denen radioaktives Wasser ausgetreten war.
Zugleich habe der Mann Zweifel an dem auf Druck der Atomaufsicht eingeführten Sicherheitsmanagement geäussert: Die "Papierarbeit" binde Personal, das man woanders dringender benötige. Es handele sich um "Alibi- und Beruhigungsinstrumentarien", die die Situation "eher schlechter als besser" machten. In der Kraftwerksbelegschaft, so der geschasste Manager weiter, greife "der Götz-von-Berlichingen-Standpunkt in einem bedenklichen Mass um sich". Die Reaktion der Zuhörer laut Protokoll: "Blankes Entsetzen".
Gegenüber der "Stuttgarter Zeitung" habe das Umweltministerium eingeräumt, dass der Reaktorchef "Sicherheitsfragen kritisch angesprochen hat". Dies sei aber nicht der Grund der Kündigung. Auch die EnBW habe auf bisher genannte Gründe verwiesen.
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