Energiewende: DIHK-Präsident kritisiert Regierung scharf
Stand: 14.05.2012
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Berlin - Die Lichter gehen aus, Strom wird zum Luxusgut: Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) warnt vor einem Scheitern der Energiewende. Egal, ob Koordination, Kommunikation oder Strategie - die Regierung scheitere derzeit in allen wichtigen Projektbereichen.
Die deutsche Wirtschaft hat der Bundesregierung vorgeworfen, die Energiewende nicht entschlossen genug zu betreiben. Er könne kaum "Vorstellungen der Regierung erkennen, wie die Ziele konkret erreicht werden können", kritisierte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Jetzt ist entscheidend, zu einer angemessenen Organisationsform zu kommen."
Projektgruppe für unterschiedliche Interessen
Die Energiewende der Bundesregierung erhielt am Freitag im Bundesrat einen Dämpfer. Die Pläne von Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) zur Kürzung der Solarstrom-Förderung wurden von der Länderkammer vorerst gestoppt. Die Länder wollen nun im Vermittlungsausschuss Nachbesserungen durchdrücken. Es könnte sein, dass Röttgens Kürzungspläne von bis zu 30 Prozent nun deutlich abgemildert werden.
Driftmann sagte weiter, in erster Linie müssten die beiden federführenden Ressorts Umwelt und Wirtschaft "besser koordiniert werden". Dazu müsse umgehend eine "Projektgruppe" eingerichtet werden, um die unterschiedlichen Interessen der beteiligten Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden zusammenzuführen. Wenn hier nicht bald eine griffige Strategie gefunden werde, liefen möglicherweise Energieversorgung, Energiesicherheit und Energiepreise absehbar aus dem Ruder.
Politik muss besser kommunizieren
"Dabei muss Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Leitung übernehmen und Fachleute dazuholen. Die Wirtschaft ist bereit, ihr Know how einzubringen und mitzumachen - und das nicht nur im eigenen Interesse", versicherte Driftmann. In Sachen Energiewende kritisierte er zudem die Kommunikation der Politik mit der Öffentlichkeit. "Die Kommunikation ist hundsmiserabel. Wenn man eine solche radikale Idee umsetzen will, muss man dafür auch vor Ort intensiv werben."
Als Folge der Atomkatastrophe von Fukushima hat die Bundesregierung den stufenweisen Ausstieg aus der Kernenergie bis 2022 beschlossen. Mit der Energiewende will man bis 2020 einen Ökostromanteil von 35 Prozent erreichen. Um den Atomausstieg abzufedern, soll binnen zehn Jahren 20 Prozent weniger Energie verbraucht werden, ein Mittel sind energetische Gebäudesanierungen.
Rufe nach Energieminister werden lauter
Weitere Fachleute und Politiker fordern die Bundesregierung auf, die Ökostrom-Ausbaupläne von Ländern und Bund aufeinander abzustimmen und dafür einen Koordinator einzusetzen. "16 Länderkonzepte, ein Bundes- und ein Europakonzept nebeneinander - das führt langfristig ins Chaos", sagte der energiepolitische Koordinator der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Thomas Bareiß, dem "Focus". Nötig sei jemand, der die Pläne aufeinander abstimme: "Das kann ein Energieminister sein, aber auch ein Staatsminister für die Energiewende im Kanzleramt." Die Ökostrom-Ausbauziele der Bundesländer liegen laut dem Bericht zusammengenommen mit mehr als 50 Prozent bis 2020 über dem Ziel des Bundes (35 Prozent bis 2020).
Die Chefin des Bundesverbands Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Hildegard Müller, begrüßte, dass die Kanzlerin das Thema auf die Tagesordnung einer Konferenz mit den Ministerpräsidenten Ende Mai gesetzt habe. "Wir erhoffen uns davon, dass kurzfristig eine Lösung für die Koordination dieses Steuerungsprozesses gefunden wird." Passiere dies nicht, "drohen energiewirtschaftliche Probleme und erhebliche Kosten für die Volkswirtschaft."