Energiewende: Bayern droht Bund mit "Sonderweg"
Stand: 03.02.2012
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd
München - Einen bayerischen "Sonderweg" bei der Energiewende hat der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil der Bundesregierung angedroht. Da im Freistaat der Anteil der Atomenergie derzeit bei über 50 Prozent liege, benötige Bayern bei der Energiewende besondere Unterstützung vom Bund, so der FDP-Politiker am Freitag in München.
"Uns läuft die Zeit davon. Bayern kann nicht ewig darauf warten, bis der Bund sich irgendwann doch noch aufrafft, bessere gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen", betonte Zeil. Bayern werde sich nicht scheuen, die an die Bundesnetzagentur abgegebenen Kompetenzen wieder zurückzunehmen, wenn der Bund nicht an Tempo zulege.
"Könnten wir heute anfangen, wäre das erste Gaskraftwerk vermutlich 2018 am Netz. Wir bräuchten aber schon Ende 2015 ein bis zwei funktionsfähige Gaskraftwerke", sagte der Minister und mit Blick auf die für jenes Jahr geplante Abschaltung des Reaktors Grafenrheinfeld.
Kritik an der Bundesregierung
Der FDP-Politiker warf der Bundesregierung Versäumnisse vor und warnte davor, den Wirtschaftsstandort Bayern zu gefährden. Die Industrie Bayerns dürfe nicht durch Stromausfälle beeinträchtigt werden und es dürften keine Arbeitsplätze gefährdet werden.
Zeil forderte daher einen schnelleren Ausbau der Stromnetze, größere Leitungskapazitäten auf den wichtigsten Verbindungen, mehr regionale Verteilnetze und einen schnelleren Bau neuer Gaskraftwerke. Zudem sprach er sich dafür aus, Energieversorgung und Naturschutz in Zukunft gleichberechtigt zu behandeln, sodass alle Verfahren beschleunigt werden könnten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe die Herausforderungen der Energiewende nach Fukushima zurecht als "Herkulesaufgabe" bezeichnet, sagte Zeil. Er habe von Anfang an deutlich davor gewarnt, dass der Ausstiegszeitraum von etwas mehr als zehn Jahren ambitioniert, wenn nicht gar zu ambitioniert sei. Eine Energiewende dürfe auf Bundesebene nicht nur politisch verordnet werden, sie müsse dort auch politisch gestaltet werden.
Grüne sind entsetzt
Die Grünen-Landtagsfraktion warf dem Minister vor, an den Grundpfeilern der Energiewende zu rütteln. "Minister Zeil will im Grunde die zentralen Elemente des Erneuerbaren Energien Gesetzes abschaffen", kritisierte Grünen-Energieexperte Ludwig Hartmann. Zeil liege auch vollkommen falsch mit der Forderung, der Bund müsse die Stromnetze schneller ausbauen. "Für den Ausbau der Stromnetze sind die Netzbetreiber verantwortlich. Vielleicht sollte er sich einmal die Frage stellen, warum in Thüringen bereits zwei Bauabschnitte genehmigt sind, aber für den bayerischen Teil der 'Thüringer Strombrücke'-Trasse das Planfeststellungsverfahren noch nicht einmal begonnen hat."
Als Schuldigen nur den Bund auszumachen, sei wirklich dreist, sagte Hartmann. Die bayerische Staatsregierung habe den Ausbau der erneuerbaren Energien jahrelang gebremst und sich mit aller Kraft für die Atomenergie eingesetzt. "Der Wirtschaftsminister will sich nicht nur mit einem billigen Manöver aus der Verantwortung reden, sondern verpackt in seine Forderungen an den Bund auch noch neue Bremsklötze für die Energiewende in Bayern."
Nachrichten zum Thema
- Endlagersuche: Bayern erklärt sich selbst für untauglich
- Neue Energieagentur soll Bayerns Atomausstieg koordinieren
- Rösler und Röttgen demonstrieren Einigkeit bei Energiewende
- Kreditklemme: Zu wenig Geld für die Energiewende
- Energiewende mit Augenmaß: Rösler fordert neue Kohlekraftwerke
- Brüderle: Zusammenarbeiten für erfolgreiche Energiewende