Energiekonzept löst gemischte Reaktionen aus - ein Überblick
Stand: 28.09.2010
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Berlin - Die Reaktionen auf den heutigen Kabinettsbeschluss zum Energiekonzept sind gemischt: Von der Atomindustrie wird das Konzept gelobt, die Stadtwerke und die Ökoenergie-Branche sind dagegen enttäuscht. Die durchschnittlich zwölf Jahre längeren Laufzeiten seien eine Bremse für die erneuerbaren Energien und für mehr Wettbewerb. Die Regierung hingegen betont, dass SPD und Grüne einst aus der Atomenergie ausgestiegen seien, ohne den notwendigen Netzausbau voranzutreiben. Daher müsse jetzt die Zeit dank längerer Atomlaufzeiten genutzt werden, um hier voranzukommen. Hier nun ein Überblick über die verschiedenen Reaktionen:
Atomindustrie: RWE-Chef Jürgen Großmann sagte, nun sei es an der Zeit, "die Kampagne gegen die deutsche Kernenergie zu beenden, die aus Teilen der Öffentlichkeit betrieben wird". EnBW-Chef Hans-Peter Villis begrüßte das Laufzeit-Plus, betonte aber hohe Belastungen durch die Gewinnabschöpfung: "Wir werden dadurch gezwungen, unsere Investitionen zu prüfen und zu kürzen." E.ON-Chef Johannes Teyssen betonte: "Die Politik muss den Menschen in Deutschland erklären und sie dafür gewinnen, dass die Energie-Infrastruktur in Deutschland, insbesondere die Strom- und Gasnetze, modernisiert, umgebaut und erheblich erweitert werden müssen."
Energieverbände: Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) lobte besonders den geplanten Ausbau der Windkraft auf hoher See. "Die Konzeptphase ist vorbei. Wir benötigen nun schnell einen Fahrplan mit konkreten Gesetzen und Verordnungen, die die vorhandenen Lücken im Energiekonzept füllen", sagte die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des BDEW, Hildegard Müller.
Stadtwerke: Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) verweist darauf, dass durch längere Atomlaufzeiten die Vormachtstellung der Energiekonzerne gestärkt werde. "Angesichts der bereits getätigten und der geplanten Investitionen kommunaler Unternehmen ist dies sehr bedauerlich", sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck. Der Chef des Frankfurter Versorgers Mainova, Constantin Alsheimer, betonte: Während die großen AKW-Betreiber aus der Verlängerung um durchschnittlich zwölf Jahre brutto rund 80 Milliarden Euro mehr erlösten, müssten sich die kleinen Konkurrenten auf Umsatzeinbrüche in Höhe von 11 Milliarden Euro einrichten.
Öko-Energie-Branche: Der Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energien, Dietmar Schütz, kritisierte die Änderungen gegenüber dem ersten Entwurf. "Zuerst wurden die vier großen Stromkonzerne mit Milliardengeschenken bedacht, anschließend hat die Regierung auch die vernünftigen Ansätze des Entwurfs entweder aufgeweicht oder ganz gestrichen." Der Präsident des Bundesverbands Windenergie, Hermann Albers, sagte: "Das Energiekonzept der Bundesregierung ist eine Rolle rückwärts zur Energietechnologie von gestern. Es bremst den Ausbau der Windenergie in Deutschland ab und gefährdet kommunale Wertschöpfung gerade in strukturschwachen Regionen".
Umweltverbände und Atomgegner: Der WWF nannte das Energiekonzept einen Wegweiser in die klimapolitische Sackgasse, der NABU sprach von einer Mogelpackung. "Herausgekommen ist eine ideologisch festgelegte und fachlich nicht gerechtfertigte Verlängerung der Atomlaufzeiten, die mit ein paar wohlklingenden und unverbindlichen Absichtserklärungen garniert wurde", sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Greenpeace sprach von einer Entscheidung gegen den Willen der Bevölkerung. Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation "ausgestrahlt", kündigte weitere Proteste an.
Verbraucherschützer: Als zu teuer für die Verbraucher bezeichnete der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) das Energiekonzept. "Mit dem Energiekonzept hat die Bundesregierung eine Chance verpasst, den klimagerechten Umbau des Energie-und Verkehrssystems bei geringst möglichem Mitteleinsatz zu erreichen", so vzbv-Vorstand Gerd Billen.
Eigentümer- und Immobilienverbände: Die Bundesvereinigung Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft (BSI) begrüßte, dass der Zwang zum Sanieren gestrichen wurde. "Der Einsatz von Bauminister Ramsauer sowie der Fachpolitiker aus den Koalitionsfraktionen für die Eigentumsfreiheit hat sich gelohnt", sagte auch Haus & Grund- Präsident Rolf Kornemann zu den Energieplänen. Die privaten Eigentümer investierten bereits heute jährlich über 70 Milliarden Euro in die Instandhaltung und Modernisierung ihrer Häuser.
Mieter: Der Deutsche Mieterbund kritisierte die Aufweichung bei der Gebäudeoffensive scharf. "Die vor zwei Wochen vollmundig angekündigte Modernisierungsoffensive für Wohngebäude hat die Bundesregierung heute wieder abgesagt", sagte Präsident Franz-Georg Rips. "Außer unverbindlichen Zielvorgaben ändert sich bei der energetischen Gebäudesanierung nichts, alles bleibt beim Alten."