EnBW will Ex-Chef Goll nicht entlasten - Hauptversammlung Ende April
Stand: 17.03.2004
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Karlsruhe (dpa/lsw) - Der ehemalige EnBW-Vorstandsvorsitzende Gerhard Goll soll nach dem Willen der neuen Konzernführung bei der Hauptversammlung Ende April nicht entlastet werden. Entsprechende Presseberichte bestätigte am Mittwoch ein Sprecher des Karlsruher Energiekonzerns: Vorstand und Aufsichtsrat der EnBW AG reagierten damit formal auf das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Mannheim gegen Goll und die beiden Ex-Vorstandskollegen Bernd Balzereit und Gerhard Jochum wegen Bilanzbeschönigung. Der neue EnBW- Chef Utz Claassen bewertete die EnBW-Beteiligungen um mehr als eine Milliarde Euro niedriger als Goll.
Mit der Entlastung billigen die Anteilseigner nachträglich die Geschäftsführung des Vorstandes beziehungsweise die Überwachung desselben durch den Aufsichtsrat. Die Verweigerung der Entlastung, die relativ selten ist, hat keine direkten - etwa juristischen - Auswirkungen. Sie bleibt eher als Makel an den Managern hängen. Balzereit war unter Goll Finanzvorstand, Jochum war für Konzernentwicklung zuständig.
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) vermutet hinter dem Vorschlag der neuen EnBW-Spitze mehr: "Eine Nichtentlastung wird in der Regel im Zuge von Vorbereitungen für eine Schadensersatzklage vorgeschlagen", sagte DSW-Chef Ulrich Hocker der "Financial Times Deutschland" (Mittwoch). Ulrich Wecker, Sprecher der DSW im Südwesten, kündigte in den "Stuttgarter Nachrichten" (Mittwoch) an, dem Antrag auf Nichtentlastung zuzustimmen. Der Schritt der neuen EnBW-Führung sei zumindest ungewöhnlich: "Ich habe so etwas noch nicht erlebt."
Auslöser der Ermittlungen der Mannheimer Staatsanwaltschaft war eine Anzeige der Grünen im Kreistag Ravensburg, in der Goll Bilanzmanipulation vorgeworfen wurde. Claassen hatte ihnen gegenüber mit Blick auf die Arbeit seines Vorgängers von "konstruktiver Ergebnisgestaltung" gesprochen. "Altlasten" hätten zu einem gewaltigen Abschreibungsbedarf von 1,3 Milliarden Euro geführt.
Nachrichten zum Thema
- Scheidender EnBW-Chef Goll fordert staatliche Kontrolle gegen Netzmissbrauch
- EnBW-Chef Goll verabschiedet sich mit Bekenntnis zu Yello
- Offener Streit zwischen EnBW und Ex-Chef Goll entbrannt
- Ermittlungen gegen Ex-EnBW-Chef Goll und weitere Manager eingeleitet
- EnBW: Bilanzen waren in Ordnung - Ex-Chef Goll weist Vorwürfe zurück