EnBW wegen dubioser Russlandgeschäfte in Erklärungsnot
Stand: 14.06.2012
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München - Der Energiekonzern EnBW kommt in der Affäre mit einem russischen Lobbyisten immer mehr in Erklärungsnot. Die Zahlungen an den Geschäftsmann sind nach internen Prüfungen viel höher gewesen als bislang angegeben. Führende EnBW-Mitarbeiter stehen im Verdacht.
Die Affäre um dubiose Zahlungen des deutschen Energiekonzerns EnBW nach Russland weitet sich einem Pressebericht zufolge aus. Die "Süddeutschen Zeitung" berichtete in ihrer Donnerstagsausgabe, die von EnBW an Firmen des russischen Geschäftsmannes und Lobbyisten Andrej Bykow gezahlten Summen seien deutlich höher als bislang bekannt. Internen Dokumenten zufolge seien Prüfer allein im Atomgeschäft auf Verträge mit der Bykow-Gruppe in einem Gesamtvolumen von knapp 300 Millionen Euro gestoßen.
Bislang hatte das Karlsruher Unternehmen nur Zahlungen in Höhe von 130 Millionen Euro eingestanden. Ein EnBW-Sprecher bestätigte der "Süddeutschen Zeitung" am Mittwoch ein Vertragsvolumen von 280 Millionen Euro, von denen 220 Millionen Euro zahlungswirksam geworden seien. Ein Anwalt Bykows wollte sich nicht dazu äußern. Dem internen Bericht zufolge werfen Prüfer Managern des Konzerns im Atomgeschäft schwere Fehler vor. Führende Mitarbeiter hätten "gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen", hieß es.
Uran-Lieferungen oder Lobbyarbeit?
Der Energiekonzern hatte zwischen 2005 und 2008 Verträge mit zwei Schweizer Tochterfirmen Bykows abgeschlossen. Nach Angaben von EnBW ging es in den Verträgen, "um die Lieferung und Sicherung von Uran", um die Rückzahlung eines Darlehens sowie um den Rückbau des Kernkraftwerks Obrigheim. Weil Bykow seinen Teil der Vereinbarungen aber nie erfüllt habe, habe EnBW Schiedsverfahren gegen dessen Schweizer Gesellschaften eingeleitet. Im Mai verurteilte ein Schiedsgericht die Firmen zur Zahlung von 24,5 Millionen Euro.
Bykow hatte bestritten, dem Energiekonzern etwas schuldig zu sein. Seiner Darstellung nach zahlte EnBW das Geld allein für Lobbyarbeit in Russland, mit dem Ziel, dadurch Beteiligungen an sibirischen Gasfeldern zu erwerben. Damit der damalige EnBW-Mehrheitseigner, der französische Stromkonzern EdF, nicht mitbekomme, dass EnBW Interesse an russischen Gasfeldern habe, sei der Lobbyvertrag durch Scheinvereinbarungen getarnt worden. Die Staatsanwaltschaft Mannheim leitete im März Ermittlungen gegen EnBW ein.