EnBW: Emissionshandel benachteiligt AKW-Betreiber - Klage geplant
Stand: 02.06.2004
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Karlsruhe (dpa/lsw) - Der drittgrösste deutsche Energiekonzern EnBW will rechtlich gegen den vom Bundestag beschlossenen Emissionshandel vorgehen. In seiner kürzlich mit Mehrheit der rot-grünen Bundesregierung verabschiedeten Form führe der von 2005 an geplante Handel mit Verschmutzungsrechten zu einer "dramatischen Diskriminierung der Kernenergie" und zu "eklatenten Verzerrungen im Wettbewerb zu Ungunsten der EnBW", sagte der Vorstandsvorsitzende Utz Claassen am Mittwoch in Karlsruhe. Das Bundesumweltministerium wies die Kritik aus Karlsruhe zurück: Eine Wettbewerbsverzerrung sei nicht zu erkennen, sagte eine Sprecherin.
Sollte die Europäische Kommission das deutsche Gesetz notifizieren und somit "untätig passieren lassen", werde die EnBW vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ziehen. Geklagt werde dort wegen eines Verstosses gegen europäisches Beihilfen- und Wettbewerbsrecht, erläuterte Claassen. Da das Gesetz nach Ansicht der EnBW auch gegen Grundsätze der deutschen Verfassungsrechts verstosse, werde auch eine Klage vor deutschen Gerichten vorbereitet.
Das am 28. Mai vom Bundestag verabschiedete Gesetz soll Umweltverschmutzung durch klimaschädliche Treibhausgase dort verhindern, wo dies am kostengünstigsten ist. Es sieht bis 2007 eine Reduzierung der Kohlendioxidemissionen von derzeit 505 auf 503 Millionen Tonnen vor. In einem weitern Schritt soll der CO2-Ausstoss bis 2012 auf 495 Millionen Tonnen reduziert werden. Das Gesetz geht auf eine Vereinbarung der EU-Länder zurück, mit der von 2005 an europaweit ein Handel mit Verschmutzungsrechten eingeführt werden soll.
Die EnBW sieht sich allem im Vergleich zum RWE-Konzern im Nachteil, der vor allem Stein- und Braunkohlekraftwerke betreibt. Die EnBW mit ihrem hohen Kernenergieanteil (mehr als 50 Prozent) gerate vor allem durch die im Gesetz vorgesehenen Übertragungsregelungen ins Hintertreffen. Diese sehen vor, dass die Verschmutzungsrechte einer alten Anlage vier Jahre lang auf eine Ersatzanlage übertragen werden können, die dann in der Regel weniger Emissionen aufweise. "Die so entstehende Überausstattung mit Emissionszertifikaten, die eigentlich als Investitionsanreiz wirken soll, führt faktisch zu einer erheblichen Wettbewerbsverzerrung ohne ökologische Sinnhaftigkeit", sagte Claassen.
Beim Bau eines neuen Gas- oder Dampfkraftwerks als Ersatz für einen Atommeiler erhalte der Betreiber deutlich weniger handelbare Zertifikate als ein Unternehmen, das ein altes Kohlekraftwerk austausche. Gerade für den Energiestandort Baden-Württemberg sei das ein "echtes Desaster", sagte der Politik-Beauftragte der EnBW, Jürgen Hogrefe. "Im Kern läuft diese Regelung faktisch auf eine nachträgliche Bestrafung für den Betrieb von Kernkraftwerken hinaus. Das jedoch kann nicht sein, weil die Vereinbarungen zum Ausstieg aus der Kernenergie eine Diskriminierung der Kernenergie ausdrücklich ausschliesst", betonte Claassen.
Unterstützt wird Claassen bei seinem Vorgehen von Baden- Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU). Die Regelungen enthielten "nach wie vor eine eklatante Ungleichbehandlung von Ersatzanlagen und Neuanlagen", sagte Teufel. "Wer bisher am meisten CO2 emittierte, also das Klima am meisten belastet hat, darf die grössten Vorteile aus dem Handel ziehen - das möge jemand verstehen: eine umweltpolitische Bankrotterklärung."
"Wir gehen davon aus, das der Handel wie vorgesehen zum 1. Januar 2005 starten kann", sagte eine Sprecherin von Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne). Das verabschiedete Gesetz sehe Sondertöpfe vor, von denen auch die EnBW beispielsweise bei der Stilllegung des Atomkraftwerks Obrigheim profitieren könne. Beim Bau eines neuen Gas- oder Dampfkraftwerks würden der EnBW für diese Anlage