EnBW-Deal sorgt erneut für Differenzen
Stand: 31.01.2011
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Hamburg/Stuttgart - Im Konflikt um den Kauf von EnBW-Anteilen durch das Land Baden-Württemberg kehrt keine Ruhe ein. Ein von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) in einer Regierungserklärung zitiertes Gutachten, das er vor dem Deal eingeholt haben wollte, soll ein um zehn Tage späteres Datum als den Kauftermin tragen. Dies berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" am Samstag vorab.
Das Gutachten der Kanzlei Gleiss Lutz soll das Vorgehen der Regierung, die den Kauf zunächst ohne Beteiligung des Landtags abwickelte, als mit der Verfassung vereinbar bestätigt haben. "Mappus hat das Parlament bewusst angelogen", sagt SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid dem "Spiegel" und forderte eine Erklärung von Mappus. Die Kanzlei erläuterte, das Gutachten sei aus Gründen der Vertraulichkeit nur mündlich vorgetragen worden. Die Opposition reagierte ungläubig und forderte Aufklärung.
Anfang Dezember hatte Mappus angekündigt, das Land werde rund 45 Prozent der Anteile am Energieversorger EnBW vom französischen Stromkonzern EdF übernehmen. Der Landtag war in die Kaufentscheidung zuvor nicht einbezogen worden, sondern hatte erst nach der Abwicklung des Geschäftes darüber abgestimmt. Die Landesregierung hatte sich dabei auf Artikel 81 der Landesverfassung gestützt. Demnach darf der Finanzminister zunächst ohne Beteiligung des Landtags über Ausgaben entscheiden, allerdings nur "im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses".
Landesregierung weist "Spiegel"-Bericht zurück
Dem "Spiegel"-Bericht zufolge erläuterte der zuständige Staatsminister Helmut Rau (CDU) die spätere Datierung mit den Worten: "Diese Stellungnahme datiert zwar vom 15. Dezember 2010, basiert jedoch auf internen Memos der Anwaltskanzlei aus der Zeit vor dem 6. Dezember 2010." Die Memos seien von der Kanzlei aber "nicht zur Weitergabe freigegeben". Auf dem CDU-Landesparteitag am Samstag in Donaueschingen bezeichnete Rau den "Spiegel"-Bericht als "verleumderische Meldung", bei der es offensichtlich darum gehe, den Parteitag zu stören.
Die Kanzlei Gleiss Lutz stellte klar, das Gutachten sei mündlich vorgetragen worden. Auf die Erstellung und Übermittlung eines schriftlichen Gutachtens sei wegen der erforderlichen strengen Vertraulichkeit verzichtet worden, hieß es in einer Erklärung der Rechtsberatungsfirma. Ebenso zutreffend sei die Aussage des Ministerpräsidenten, dass die Franzosen einen Parlamentsvorbehalt in den Verhandlungen ausdrücklich abgelehnt hätten.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Winfried Kretschmann, reagierte ungläubig auf die Darstellung. "Da wird mal eben auf Kredit ein Geschäft über knapp sechs Milliarden abgeschlossen, das Parlament übergangen und ein Konzern verstaatlicht, und das alles hopplahopp nach einem Gespräch mit einem Rechtsanwalt." Kretschmann forderte, alle diesbezüglichen Unterlagen dem Landtag umgehend vorzulegen. An die Adresse von Mappus richtete er die Forderung, am Mittwoch (2. Februar) persönlich im Parlament die Angelegenheit aufzuklären und Stellung zu beziehen.
Mappus: Klage der Opposition nur vorgetäuscht
SPD und Grüne haben inzwischen eine Klage beim Staatsgerichtshof gegen den Deal angekündigt. Mappus warf der Opposition vor, ihre Klageankündigung nur vorzutäuschen. "Die Opposition will eigentlich nicht klagen", sagte der Regierungschef der "Schwäbischen Zeitung" (Samstagausgabe). Die beiden Parteien hätten zunächst dem Rückkauf der Anteile durch den Staat vom französischen Besitzer EdF zugestimmt - und würden nun aus wahltaktischen Gründen dagegen opponieren. In Baden-Württemberg wird am 27. März ein neuer Landtag gewählt. Mappus sagte, er sehe einer Klage gegen den Kauf gelassen entgegen - "nicht nur aus rechtlichen Gründen. Die überwältigende Mehrheit der Menschen ist für den Ankauf - da stoßen SPD und Grüne mit ihrer Klage auf blankes Unverständnis".