EnBW: Bilanzen waren in Ordnung - Ex-Chef Goll weist Vorwürfe zurück
Stand: 18.11.2003
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Karlsruhe (dpa) - Der Energiekonzern EnBW hat nach eigenen Angaben keine Belege für eine strafbare Bilanzkosmetik des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Gerhard Goll. Zu den entsprechenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Goll könne die EnBW AG keinen Kommentar abgeben, sagte am Dienstag ein Konzernsprecher in Karlsruhe. Der neue Vorstandsvorsitzende Utz Claassen habe seinem Vorgänger zwar eine "konstruktive Ergebnisgestaltung" bescheinigt. Diese sei aber im rechtlich zulässigen Rahmen gewesen. Goll selbst wies in einem Interview der "Stuttgarter Nachrichten" (Mittwoch) den Vorwurf der Bilanzverschleierung zurück.
Der blosse Nachweis einer geschönten Bilanz reicht laut Gesetz für eine Verurteilung nicht aus. Darüber hinaus muss den Beschuldigten auch nachgewiesen werden, dass sie die Zahlen bewusst beschönigt haben. Goll hatte im April nach sechs Jahren als Vorstandsvorsitzender der Energie Baden-Württemberg (EnBW) seinen Posten geräumt. Wenig später machte sein Nachfolger Utz Claassen ein Milliardendefizit beim Energieriesen aus und verordnete dem Konzern einen rigiden Sparkurs. So sollen bis zum Jahr 2006 bis zu 2.000 Arbeitsplätze abgebaut werden.
"Ich schliesse für mich und, soweit ich es weiss, für meine Kollegen und Mitarbeiter aus, dass irgendjemand die Bilanz verschleiert hat oder verschleiern wollte", sagte Goll im Zeitungsinterview. "Herr Claassen hat mir gegenüber gesagt, dass die Bilanz 2002 in Ordnung sei." Goll kritisierte die Ermittlungsbehörden: "Die Staatsanwaltschaft hat weder mit meinem Anwalt noch mit mir Kontakt aufgenommen, obwohl ich das mehrfach angeboten habe."
Die Kreistagsfraktion der Grünen im Landkreis Ravensburg hatte Anfang August gegen Goll eine Anzeige wegen Untreue-Verdachts erstattet. Der Aufsichtsrat sei nicht ausreichend über das Defizit von einer Milliarde Euro informiert worden, das nach dem Ende von Golls Amtszeit ans Licht gekommen sei, hiess es zur Begründung.
Claassen hatte seinen Vorgänger indirekt für die Finanzkrise verantwortlich gemacht. Der bevorstehende Personalabbau gehe letztlich auf diejenigen zurück, "die die entstandene Situation zu verantworten haben", hatte der Vorstand im Oktober in einem offenen Brief an die Belegschaft geschrieben.