EnBW-Affäre: Schiedsgericht verhandelt Klage über Kaufpreis
Stand: 07.09.2012
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd
Paris/Stuttgart - Die Frage, ob das Land Baden-Württemberg zu viel für den Rückkauf der EnBW-Anteile gezahlt hat, beschäftigt seit Donnerstag das Internationale Schiedsgericht in Paris. Eine Entscheidung wird allerdings nicht vor 2013 erwartet.
Die grün-rote Landesregierung klagte vor der International Chamber of Commerce (ICC) auf Rückzahlung von zunächst mehr als 840 Millionen Euro durch den französischen Stromkonzern Électricité de France (EdF). Am ersten Verhandlungstag wurde nach Angaben des baden-württembergischen Finanz- und Wirtschaftsministeriums die Höhe der Schiedsklage auf 834 Millionen Euro reduziert. Gründe dafür wurden nicht genannt.
Ein Ministeriumssprecher hatte zuvor gesagt, das Land fordere von EdF das Geld zurück, das die alte Landesregierung zu viel gezahlt habe. Das Schiedsgerichtsverfahren werde diesen Sachverhalt jetzt klären. "Wir hoffen, dass wir im Interesse der Steuerzahler dieses Geld zurückbekommen", sagte der Sprecher. Auf Veranlassung des Gerichts werde das weitere Verfahren vertraulich geführt.
Der damalige Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hatte Ende 2010 rund 45 Prozent der Anteile an Deutschlands drittgrößtem Stromkonzern für fast 4,7 Milliarden Euro zurückgekauft. Die jetzige grün-rote Landesregierung hält den Kaufpreis für zu hoch und klagt deswegen wegen nach EU-Recht unzulässigen Beihilfen für die EdF.
Gutachten bewertet gezahlten Preis als zu hoch
Das Land stützt sich bei seiner Klage auf ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thorton. Der Expertise zufolge war das EnBW-Aktienpaket bei Verkündung des Deals am 6. Dezember 2010 3,83 Milliarden Euro wert. Baden-Württemberg hatte pro Aktie einen Preis von 41,50 Euro inklusive Dividende gezahlt. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass ein Preis von 34,05 Euro angemessen gewesen wäre.
Experten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hatten einem Medienbericht zufolge schon kurz nach dem Kauf der EnBW-Aktien vor wirtschaftlichen Problemen gewarnt. Die LBBW habe bis 2013 mit einem Rückgang des Ergebnisses vor Zinsen und Steuern (Ebit) um 22 Prozent auf knapp 1,5 Milliarden Euro und einem Absinken der Dividende von 1,50 auf 1,15 Euro gerechnet, berichtete das "Handelsblatt" unter Berufung auf eine Analyse der Bank. Die LBBW hatte im Auftrag des zweiten EnBW-Hauptaktionärs, des Zweckverbands Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW), den Kaufpreis überprüft.
Entscheidung fällt voraussichtlich 2013
Die LBBW-Experten wiesen dem Blatt zufolge auf zahlreiche Risiken für die Aktie hin, beispielsweise sinkende Margen in der Stromproduktion. Die Analyse stammt den Angaben zufolge vom 3. Februar 2011 und wurde damit noch vor dem deutschen Ausstieg aus der Atomkraft erstellt, der den Karlsruher Energieversorger mit damals vier Kernkraftwerken finanziell schwer traf.
Der Staatsgerichtshof Baden-Württemberg hatte das Geschäft im Nachhinein für verfassungswidrig erklärt, weil das Parlament umgangen wurde. Gegen Mappus, den ihn beratenden Investmentbanker Dirk Notheis und zwei ehemalige Kabinettsmitglieder ermittelt die Staatsanwaltschaft mittlerweile wegen des Anfangsverdachts der Untreue und der Beihilfe dazu. Die Ermittlungen liefen noch, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Donnerstag.
Eine Entscheidung über die Schiedsklage wird nicht vor 2013 erwartet. Sollte Baden-Württemberg das Geld zurückerhalten, will Grün-Rot den Betrag in die Schuldentilgung stecken.
Nachrichten zum Thema
- EnBW-Deal: Wo sind die Daten von Stefan Mappus?
- EnBW-Deal schlägt Wellen bis zur Bundesregierung
- EDF zum EnBW-Deal: Vorwürfe sind "haltlos und überzogen"
- EnBW-Deal: Ermittler suchen nach Untreue-Beweisen
- EnBW-Deal: Baden-Württemberg zahlte 840 Millionen Euro zu viel
- Immer mehr Details zu dubiosen EnBW-Geschäften
- Chronik: So lief der EnBW-Deal unter Stefan Mappus