"Elektro stirbt" auf dem Pariser Autosalon
Stand: 28.09.2012
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa/tmn
Paris - Alle haben darüber geredet, Angela Merkel ist ein großer Fan - doch das E-Auto hat es bis heute nicht zum Durchbruch verschafft. Ein Blick über die Automesse in Paris zeigt nun, dass der Trend bereits in andere Richtungen geht. Hat das E-Auto überhaupt noch eine Chance?
Wie sieht das Auto der Zukunft aus? Darauf hat jeder Hersteller seine eigene Antwort. Die Farbe steht aber schon
fest: grün. Denn dass neue Autos umweltschonender und sparsamer werden müssen, steht außer Frage. Die Frage ist nur, welche alternative Technik sich künftig durchsetzen wird. Der Wirbel um Elektroautos hat inzwischen sich gelegt, wie ein Besuch des Pariser Automobilsalons zeigt (Publikumstage: 29. September bis 14. Oktober). In den Messehallen präsentieren die Hersteller wenig Neues, wenn es um Batteriefahrzeuge geht. Dennoch bleibt Öko-Technik ein großes Thema bei der Fahrzeugentwicklung.
Die Hersteller sind aber vor allem enthaltsameren Autos mit Verbrennungsmotoren in die französische Hauptstadt gereist. Daneben stehen allerdings auch einige neue Hybrid- und Erdgasmodelle im Rampenlicht. Welche Technik ist die dabei kostengünstigste Alternative? Für den Automobilexperten Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen dürften das auf absehbare Zeit aufgeladene Benziner bleiben, die - dem Trend des Downsizings folgend - mit weniger Zylindern und kleineren Hubräumen auskommen. Trotzdem müssen Kunden bei der Leistung keine Abstriche machen.
Benziner werden sparsamer
Bislang war solcherlei Tüftelei eher die Sache von Marken wie Fiat oder Ford. Jetzt aber macht sich mit BMW auch ein Premium-Hersteller ans Werk. Eine neue Motorenfamilie soll unter anderem Dreizylinder mit 1,5 Litern Hubraum umfassen - Benziner und Diesel. "Wir rechnen mit Einsparungen von 5 bis 15 Prozent gegenüber den bisherigen Vierzylindern", sagte Bernado Lopez aus der Antriebsentwicklung bei BMW. Dazu setzen die Münchener auf Einspritzung, Aufladung und variabler Nockenwellen- und Ventilsteuerung. Eingesetzt werden die Dreizylinder wohl schon 2013, erstmals bei Mini und in der 1er-Reihe. Auf der Messe sitzt ein solches Aggregat bereits an der Vorderachse des kompakten Hybrid-Van-Konzepts Active Tourer.
Volkswagen hat den Golf auf Diät gesetzt, indem Gewicht und Rollwiderstand verringert und die Aerodynamik verbessert wurden. Als "eines der sparsamsten Automobile der Welt" haben die Wolfsburger die Blue-Motion-Variante des neuen Golf enthüllt. Offiziell wird die Sparvariante noch als Studie geführt, doch dürfte das Auto im Sommer 2013 nahezu unverändert in den Handel kommen. Der Verbrauch des 81 kW/110 PS starken, neu entwickelten Turbodiesels mit 1,6 Litern Hubraum ist laut VW-Chef Martin Winterkorn gegenüber dem Vorgänger um 15 Prozent gesunken. Das bedeutet einen Durchschnittswert von 3,2 Litern (CO2-Emission: 85 g/km). Immerhin 202 km/h Spitzengeschwindigkeit sind möglich.
Neue Motoren- und Antriebsgenerationen
Die Marke von 100 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer durchbricht auch Honda mit dem Civic 1.6 i-DTEC, der mit diesem Motor Premiere feiert. 94 Gramm CO2 gibt der Hersteller für den ersten Vertreter einer neuen Motoren- und Antriebsgeneration an. Der 88 kW/120 PS starke Fünftürer verbraucht 3,6 Liter, unter anderem dank seines Start-Stopp-Systems und seiner Leichtbauweise.
In der Mittelklasse will Mazda durch Verbesserungen an Antrieb, Fahrwerk und Chassis mehr Effizienz erreichen. Beim kürzlich präsentierten Mazda6 bedeutet das: In Verbindung mit Start-Stopp-Automatik reichen der Limousine mit einem 110 kW/150 PS starken 2,2-Diesel nach Norm im Schnitt 3,9 Liter für 100 Kilometer
(CO2-Ausstoß: 104 g/km). In Paris zeigt Mazda erstmals die Kombiversion.
Erdgas-Autos im Trend
Eine ganze Reihe Pariser Messepremieren setzt auch auf Erdgas (CNG - Compressed Natural Gas). "Erdgas halte ich für eine wichtige Zukunftsstrategie", sagt Automobilexperte Dudenhöffer. Audi zum Beispiel plant beim in Paris gezeigten A3 Sportback eine TCNG-Version. Zugeschnitten auf synthetisches Erdgas, das mit Windenergie und Biomasse erzeugt wird, soll der Emissionswert der fünftürigen Variante des Kompaktklasse-Modells im Idealfall nur noch 30 Gramm CO2 betragen. Weil der 81 kW/100 PS starke 1,4-Liter-Motor meist aber mit fossilem Erdgas unterwegs sein dürfte, ist ein CO2-Ausstoß von knapp unter 100 g/km realistischer. Als Marktstart nennt Audi die zweite Jahreshälfte 2013.
Einen Zweizylinder-Erdgasmotor bringt Fiat auf den Markt. Zum Zuge kommt der 0.9 TwinAir Turbo im Kleinwagen Panda Natural Power. Als Verbrauchswert im Gasbetrieb für das 59 kW/80 PS starke Aggregat nennen die Italiener 3,1 Kilogramm pro 100 Kilometer (CO2-Ausstoß: 86 g/km). 12 Kilo Gas und 35 Liter Benzin fassen die Tanks.
Mitsubishi zeigt neuen Hybrid
Auch die neue Mercedes B-Klasse wird es wieder als Erdgasversion geben. Der 1,6 Liter große Vierzylinder des B 200 NGD (Natural Gas Drive) leistet 115 kW/156 PS. Bei einem Verbrauch von 4,2 Kilogramm Gas liegt der CO2-Ausstoß bei 115 g/km. Wie die drei Gastanks im doppelten Boden untergebracht sind, zeigt ein in Paris gezeigtes, seitlich aufgeschnittenes Fahrzeug. Sie fassen immerhin 21 Kilogramm, was für bis zu 500 Kilometer reichen soll. Der Benzin-Reservetank fasst 12 Liter. Das Auto kommt im November auf den Markt.
Zu den Hybridneuheiten gehört der Mitsubishi Outlander als Plug-in. Außerdem feiert Technologie-Vorreiter Toyota mit dem aufgefrischten Auris Premiere. Sein Antriebsstrang stammt vom Prius. Er ermöglicht auch im Kompaktmodell 100 kW/136 PS Systemleistung und soll im Schnitt 3,8 Liter Sprit verbrauchen, was einer CO2-Emission von weniger als 89 g/km entspricht. Preislich wird sich der Neue am Vorgänger orientieren, der derzeit mit 23 300 Euro in der Liste steht. Marktstart ist Januar. Im Juni soll eine Kombiversion folgen.
"Elektro stirbt"
In der Mittelklasse stellt Kia mit dem Optima ein neues Hybridmodell vor: 140 kW/190 PS leistet die 4,85 Meter lange Limousine, die damit in 9,4 Sekunden auf 100 km/h und maximal auf Tempo 192 beschleunigt. 5,4 Liter Verbrauch und einen CO2-Ausstoß von 125 g/km geben die Koreaner an. Damit liege er rund 10 Prozent unter dem sparsamsten Diesel, so Sprecherin Silke Rosskothen. Zum Einsatz kommt die neue Batterie-Technologie: Lithium-Polymer-Akkus, auf die Kia sieben Jahre Garantie gibt, wenn nicht vorher eine Laufleistung von 150 000 Kilometern überschritten wird. Marktstart ist Anfang 2013.
"Elektro stirbt", formuliert es Autoexperte Dudenhöffer etwas überspitzt mit Blick auf die derzeitigen Trends in den Entwicklungsabteilungen. Mercedes stellt sich in Paris aber mit Nachdruck gegen diese Prognose. Die Stuttgarter enthüllten den SLS Electric Drive, der als Serienfahrzeug für mindestens 416 500 Euro im Juni nächsten Jahres in den Handel kommen soll. Seine vier E-Motoren kommen auf 552 kW/751 PS, der Sprintwert liegt bei 3,9 Sekunden. Die elektrische B-Klasse soll es ab 2014 zu kaufen geben - mit ihr dürfte Mercedes einen größeren Kundenkreis ansprechen.