Einigung zu Emissionshandel - Strombranche: Höhere Preise denkbar
Stand: 12.04.2006
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Berlin (dpa) - Die Einigung zwischen Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) auf Eckpunkte für den künftigen Emissionshandel sorgt für Spannung in der Strombranche. Die Energiebranche soll den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid von 2008 bis 2012 deutlich stärker senken als die Industrie. Die Stromwirtschaft schließt daher Preiserhöhungen nicht aus. SPD und Grüne warfen der Strombranche Abzockerei vor. Eine Versteigerung von Zertifikaten soll es nicht geben.
Der Verband der Elektrizitätswirtschaft hält höhere Strompreise für denkbar. "Die geplante massive Verknappung der Kohlendioxid- Zertifikate für die Stromwirtschaft wird Einfluss auf die künftigen Strompreise haben", sagte Hauptgeschäftsführer Eberhard Meller. Die Energiebranche werde zu stark belastet, wenn sie den Kohlendioxid- Ausstoß um 15 Prozent mindern müsse und die Industrie nur um 1,25 Prozent. Die Stromunternehmen müssten von 2008 an Emissionsrechte zukaufen. Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft begrüßte die Entlastung, warnte aber vor steigenden Strompreisen.
Die unterschiedliche Behandlung von Energiewirtschaft und Industrie liege daran, dass noch mehr geleistet werden müsse als bisher, sagte Gabriel. Die Strom verbrauchende Industrie solle geschützt werden, weil sie im internationalen Wettbewerb stehe. Er rief die Stromversorger auf, Belastungen für Verbraucher zu vermeiden. Die Versorger beziehen den Wert der bisher kostenlos zugeteilten Zertifikate derzeit in die Kalkulation der Strompreise ein. Dadurch erzielten sie laut Umweltministerium Zusatzgewinne in Milliardenhöhe. Die Preisspirale könne nur durch eine Öffnung der Stromnetze und mehr Wettbewerb gestoppt werden.
Insgesamt sollen von 2008 bis 2012 jährlich 495,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid zugeteilt werden. Rund 1000 kleinere von insgesamt etwa 1800 Anlagen sollen nicht mehr am Handel teilnehmen. Sie hätten nur wenig schädliche Gase ausgestoßen, sagte Gabriel. Der Handel setze auch Anreize für Investitionen. Die Bundesregierung garantiere für neue Anlagen die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten. Das sei ein Signal zur Modernisierung bestehender Kraftwerke und für den Ersatz von Atommeilern auch durch effiziente fossil gefeuerte Anlagen.
Die SPD will das Problem der Zusatzgewinne gesetzlich lösen. "Den, der argumentiert, doppelt auf den Preis aufzuschlagen, kann man nur noch als Abzocker bezeichnen", sagte SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte, die Strombranche habe die Verpflichtung, gegen eine Klimaverschlechterung vorzugehen.
Grüne und FDP kritisierten, dass es nicht zur Versteigerung von Zertifikaten kommt. "Dieses Geschenk der Regierung an die Stromkonzerne zahlen die privaten und industriellen Stromverbraucher", sagte Grünen-Energiepolitiker Reinhard Loske. Nach Ansicht der FDP hat die Bundesregierung die Chance auf eine Senkung der Stromsteuer durch Versteigerungserlöse verspielt. Die Emissionszertifikate werden gehandelt. Für den ersten Zeitraum 2005 bis 2007 waren sie kostenlos zugeteilt worden.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace befürchtet, der Kompromiss könne die Klimazerstörung verstärken. Der Neubau klimaschädlicher Braunkohlekraftwerke werde begünstigt, und die Industrie könne sich vom Klimaschutz im Inland durch Maßnahmen im Ausland freikaufen.
Stichwort: Der Emissionshandel zur Senkung von Treibhausgasen
Die Industrieländer wollen den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bis 2020 um mindestens fünf Prozent unter das Niveau von 1990 senken. Das haben sie 1997 im Kyoto- Protokoll zum globalen Klimaschutz vereinbart. Deutschland hat sich zu einer Verminderung von 21