Ein Land lebt ohne Kernenergie: Japan schaltet letzten Meiler ab
Stand: 04.05.2012
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Tokio - In Deutschland ist die Angst groß, dass wegen des Atomausstiegs irgendwann die Lichter ausgehen. Japan muss ab Samstag erstmals seit 1970 komplett ohne Kernenergie zurechtkommen. Ob die befürchteten Engpässe tatsächlich eintreten, ist noch unklar.
Zum ersten Mal seit 1970 wird Japan ab Samstag vollständig ohne Atomenergie auskommen müssen. Der einzige derzeit betriebene Atomreaktor soll dann für Wartungsarbeiten mehr als 70 Tage lang heruntergefahren werden. Japan verfügt über 50 Reaktoren, der Meiler im Atomkraftwerk Tomari auf der Nordinsel Hokkaido war jedoch der einzige, der nach der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe im vergangenen Jahr noch in Betrieb war. Begleitet wird die Abschaltung des Reaktors am Samstag von Anti-Atom-Demonstrationen in Japan.
Bis zur Katastrophe vom März 2011 bezog Japan etwa ein Drittel seines Stroms über die Atomkraft. Durch das Erdbeben und den Tsunami im März 2011 wurde jedoch eine Kernschmelze im Atomkraftwerk Fukushima und damit die schwerste Atomkatastrophe seit Tschernobyl 1986 ausgelöst. Seither gibt es in Japan zunehmendes Misstrauen gegenüber der Atomkraft. Aus Sicherheitsgründen wurden alle Reaktoren bis auf den im Akw Tomari heruntergefahren.
Stromkonzerne schüren Angst
Mit dem Aussetzen der Atomkraft werden zugleich Engpässe in der Stromversorgung des Landes in den heißen Sommermonaten befürchtet. Nach Angaben der japanischen Regierung sind allerdings zwei Einheiten im Akw Oi im Westen des Landes sicher genug, um im Sommer wieder in Betrieb genommen zu werden. Dies könne helfen, Engpässe in der Stromversorgung zu vermeiden. Es ist aber unklar, ob oder wann die Behörden grünes Licht für eine Wiederinbetriebnahme erteilen.
Auch die Stromkonzerne argumentieren mit drohenden Versorgungsengpässen im Sommer, um eine Wiederinbetriebnahme ihrer Reaktoren zu erreichen. Zuletzt hatte zudem die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Japan aufgefordert, die sicheren Reaktoren wieder in Betrieb zu nehmen, da im Falle von Engpässen in der Stromversorgung wirtschaftliche Risiken drohten. Als Ausgleich für die Abschaltung der Akw musste Japan für die Stromgewinnung auf Energie aus Verbrennungskraftwerken zurückgreifen. Dies ließ die Kosten für die Industrie ebenso steigen wie den Ausstoß von Treibhausgasen durch Japan.